Ein langwieriger, juristisch komplexer Zivilprozess kann den Prozessparteien häufig viel abverlangen. Dennoch ist es wichtig, während des gesamten Verfahrens aufmerksam zu bleiben, damit dieses damit diese nicht durch falsche Tatsachenbehauptungen des Prozessgegners manipuliert wird. In einem solchen Fall steht auch schnell die Frage nach einem Prozessbetrug im Raum. Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass auch die eigenen Ausführungen zum Sachverhalt stets vollständig und wahrheitsgemäß getätigt werden. Anderenfalls kann eine Täuschung im Prozess vorliegen, die zu einer Strafbarkeit wegen Prozessbetruges gemäß § 263 StGB führen kann. Solche Formen des strafrechtlichen Betruges sind immer häufiger zu beobachten, aber oft auch schwierig nachzuweisen.
Die Kanzlei Schlun & Elseven bietet eine gleichermaßen kompetente wie engagierte Verteidigung für Personen an, die mit dem Vorwurf des Prozessbetruges konfrontiert worden sind. Mit ausgezeichneter Expertise und langjähriger Erfahrung steht unser Rechtsteam bereit, um Sie umfassend zu beraten und zu verteidigen. Unsere Anwälte stellen sicher, dass Sie während des Ermittlungsverfahrens Ihre Position stärken und dass Ihre Rechte als Beschuldigter dabei stets gewahrt bleiben.
Opfer von Prozessbetrug werden bei der Geltendmachung Ihrer Rechte und Ansprüche durch unsere Anwälte für Zivilprozessrecht unterstützt. Sie übernehmen Ihre Vertretung als Nebenkläger/in im sog. Adhäsionsverfahren. Wir setzen uns für Sie ein!
Prozessbetrug – Bedeutung, Begehungsformen und Strafbarkeit
Der Prozessbetrug ist ein Unterfall des grundlegenden Betrugstatbestandes nach § 263 StGB und damit strafbar. Nach dessen Wortlaut ist zu bestrafen, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erreg oder unterhält. Unter einem Prozessbetrug versteht man damit die Täuschung über Tatsachen durch eine Partei in einem Gerichtsprozess mit dem Ziel, den Prozess zu gewinnen und damit einen Vermögensschaden beim Prozessgegner zu verursachen. Dabei sind zwei Grundkonstellation zu unterscheiden:
- Zunächst kann ein Dreiecksbetrug vorliegen, bei welchem eine Täuschung gegenüber dem Richter erfolgt und der Vermögensschaden hinterher bei der unterlegenen Prozesspartei eintritt.
- Die andere Variante des Prozessbetruges verläuft so, dass bereits die Prozesspartei getäuscht und dann dadurch zu einer selbstschädigenden Vermögensverfügung gebracht wird. Dies kann beispielsweise ein prozessualer Klageverzicht oder der bereits vorprozessuale Verzicht auf Geltendmachung eigener Ansprüche sein.
Möglichkeiten für einen Prozessbetrug können sich auch in einem Mahnverfahren, einem Insolvenzeröffnungsverfahren sowie vor einem Rechtspfleger oder Gerichtsvollzieher ergeben. Die Begehungsformen und Tatmöglichkeiten sind demnach durchaus vielfältig. Das bedeutet auch, dass in all diesen Verfahren genau darauf geachtet werden muss, welche Aussage gegenüber den Amtspersonen getätigt wird. Denn nach § 138 ZPO besteht prozessuale Wahrheitspflicht der Parteien. Gemäß der Vorschrift haben sie ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. Die Täuschungshandlungen, also das Vorspiegeln falscher oder die Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen, können demnach folgendermaßen ausgestaltet sein:
- als eigene verfälschte Aussage zum Sachverhalt,
- als Zeugenbeeinflussung zur Betätigung einer falschen Aussage, insbesondere bei Angehörigen und Bekannten,
- Manipulation anderer Beweismittel wie Urkunden, Kassenbelege oder ähnliche Nachweisdokumente.
Bei diesen vielfältigen Täuschungsmöglichkeiten überrascht es auch nicht, dass der Prozessbetrug oft in Tateinheit mit anderen Straftaten wie einer Falschaussage, einem Meineid, einer Urkundenfälschung oder Urkundenunterdrückung einher geht. Auch der versuchte Prozessbetrug, der vor einer vermögensschädigenden Entscheidung des Gerichts aufgedeckt wurde, ist strafbar. In jedem Fall ist es bei diesen Verdachtsfällen empfehlenswert, einen erfahrenen und interdisziplinär qualifizierten Rechtsanwalt für Strafrecht und Zivilprozessrecht zu beauftragen, um dem Risiko einer Verurteilung wegen Prozessbetruges zu entgehen oder um (als Opfer eines Prozessbetruges) Ihren Prozessgegner zur Anzeige zu bringen.
Nachweisbarkeit eines Prozessbetruges
Es kann durchaus schwierig sein, einen Prozessbetrug rechtssicher nachzuweisen. Insbesondere gibt es oft keine klare Abgrenzung zwischen zulässigen Verteidigungsstrategien und betrügerischen Erklärungen.
So entschied bspw. das Landesarbeitsgericht Hamm (am 30.09.2011 – 10 Sa 471/11), dass das Berufen einer Klägerin im Kündigungsschutzverfahren, sie habe die von ihr genutzten Dienstwagen nicht zu privaten Zwecken genutzt, noch keine Annahme eines versuchten oder vollendeten Prozessbetruges und damit keinen außerordentlichen Kündigungsgrund darstelle. Begründet wurde das damit, dass unzutreffende Äußerungen, die ein Arbeitnehmer in einem Prozess oder vorprozessual gegenüber dem Arbeitgeber zu seiner Verteidigung vorbringe, selbst bei Unsachlichkeit, keine weitere außerordentliche Kündigung rechtfertige. Eine Partei dürfe nicht daran gehindert werden, im Prozess diejenigen Behauptungen aufzustellen und Werturteile abzugeben, die sie zur Wahrnehmung ihrer prozessualen Stellung für zweckmäßig und notwendig halte. Die Klägerin habe lediglich in einer umstrittenen Frage einen für sie günstigen Standpunkt eingenommen.
Der Bundesgerichtshof hat in einem anderen Fall kürzlich herausgearbeitet (BGH vom 31.10.2019 – 1 StR 219/17), dass die zivilprozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO die Grenze der Strafbarkeit wegen Prozessbetruges bilde, sodass die Strafbarkeit wegen Prozessbetruges durch unzutreffenden Sachvortrag die Verletzung der Wahrheitspflicht voraussetze. Dazu führte er weiter aus, dass die Prozesspartei Tatsachen behaupten dürfe, über die sie kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich oder möglich hält. Danach sei die Grenze zum unzulässigen Sachvortrag erst erreicht, wenn willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt würden.
Damit ist jedenfalls in Zivilprozessen die Grenze der Strafbarkeit des Prozessbetruges mit der Wahrheitspflicht nach § 138 ZPO klar geregelt. Wann diese Grenze aber in den jeweiligen Einzelfällen überschritten ist und welche Erklärungen noch die Wahrheitspflicht erfüllen, kann weiterhin im Einzelnen umstritten sein. Dies hängt zudem von den besonderen Umständen des jeweiligen Sachverhalts ab.
Strafmaß für einen Prozessbetrug
Der Prozessbetrug wird nach § 263 Abs. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer durch einen Prozessbetrug einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt, was nach überwiegender Auffassung bei einem Schaden ab 50.000 Euro vorliegen soll, muss mit einer wesentlich härteren Strafe rechnen. In einem solchen Fall liegt das Strafmaß bei Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren nach § 263 Abs. 3 StGB.
Außerdem kann ein Zusammenspiel des Prozessbetruges mit anderen verwirklichten Straftaten im Prozess, wie Falschaussage, Meineid, Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung mit in die Beurteilung des Strafmaßes einfließen.
Was ist beim Verdacht auf Prozessbetrug zu tun?
Bei einem Verdacht eines eigenen Prozessbetruges sollten Sie sich unverzüglich mit einem Strafrechtsanwalt auseinandersetzen und diesem Ihre Situation schildern. Gegebenenfalls besteht außerdem noch die Möglichkeit die falschen oder unvollständigen Aussagen vor Gericht zu korrigieren und damit einer Strafbarkeit zu entgehen.
Liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die Gegenseite im Gerichtsprozess falsche Tatsachen vorspiegeln oder wahre Tatsachen entstellen oder unterdrücken wollte, und eröffnet sich damit der Verdacht eines Prozessbetruges der Gegenseite, können Sie mit bestimmten Mitteln dagegen vorgehen. Sie können zum Beispiel gegen die Gegenseite einen Strafantrag stellen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Täuschungen unbedingt nachweisbar sein müssen. Anderenfalls könnten Sie eine strafrechtliche Verfolgung wegen Beleidigung oder Verleumdung riskieren.
Stellt sich nach Beendigung des Gerichtsverfahrens und nach Ablauf der Rechtsmittelfrist heraus, dass die Gegenseite einen Prozessbetrug begangen hat, kann mit der sog. Restitutionsklage das Verfahren wiederaufgenommen werden. Das rechtskräftige Urteil kann außerdem beseitigt und eine neue Entscheidung herbeigeführt werden. Gemäß § 580 Nr. 4 ZPO kann nämlich die Restitutionsklage stattfinden, wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist. Zu beachten ist jedoch, dass dafür der Prozessbetrug durch rechtskräftige, strafrechtliche Verurteilung festgestellt worden sein muss.
Praxisgruppe für Prozessführung / Litigation