Wie störungsanfällig internationale Lieferketten sind, dies haben Ereignisse wie die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die aktuelle Energiekrise in aller Deutlichkeit gezeigt. So kam es in den letzten Jahren wiederholt zu dramatischen Stillständen und Produktionsausfällen, von denen unzählige Unternehmen weltweit betroffen waren.

Bei laufenden Verträgen bleiben sie nicht selten auf erheblichen Mehrkosten sitzen, da sie die Preissteigerungen nicht ohne Weiteres an ihre Vertragspartner weitergeben können. Längere Wartezeiten auf bestellte Rohstoffe und Waren führen in der Regel zudem zu einem höheren Planungsaufwand. Besonders problematisch wird es, wenn bestehende Aufträge nicht vertragsgemäß erfüllt werden können und Lieferengpässe zu Umsatzeinbußen führen.

Um unseren Mandanten in einer solchen Situation die benötigte Klarheit in Bezug auf die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten zu verschaffen, bietet die Kanzlei Schlun & Elseven einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Rechtsbeistand an. Unsere Praxisgruppe für Vertragsrecht prüft gerne, inwieweit Sie sich auf die in Ihrem Vertrag vereinbarte Force-Majeure-Klausel berufen können und mit welchen konkreten Rechtsfolgen Sie hier rechnen müssen. Wir setzen uns für Sie ein, damit Ihre Rechte und Interessen stets gewahrt bleiben.

Höhere Gewalt – Berufung auf die Force-Majeure-Klausel

Unternehmen, die von der Pandemie und aktuell insbesondere von dem Ukraine-Krieg betroffen sind, sollten zunächst prüfen, ob die mit Lieferanten und anderen Vertragspartnern vereinbarten Verträge sogenannte Force-Majeure-Klauseln enthalten und ob diese tatsächlich greifen.

Die Berufung auf eine solche Klausel ist unter anderem von der durch die militärischen Konflikte ausgelösten Lage des betroffenen Unternehmens abhängig. Force-Majeure-Klauseln finden zumeist Anwendung, wenn ein Ereignis gegeben ist, welches u.a. von dem Unternehmen nicht abgewendet werden kann. Gemeint sind Umstände, die für die Vertragsparteien unvorhersehbar waren und auf die sie darüber hinaus keinen Einfluss haben. Es handelt sich um Ereignisse höherer Gewalt wie beispielsweise Pandemien, Kriege oder Naturkatastrophen. Zum Teil werden die Geschehnisse, die zur Anwendbarkeit der genannten Klausel führen, in dieser aufgeführt.

Ob die Force-Majeure-Klausel nun greift, muss genau geprüft werden. Dabei ist zu fragen, ob ein Fall höherer Gewalt gegeben ist und die Leistungen des Unternehmens aufgrund dessen nicht mehr erbracht werden können. Anhaltspunkte zur Prüfung sind dabei:

  • Verfügbarkeit von Mitarbeitern des Unternehmens,
  • Nutzungsmöglichkeiten von Transportwegen sowie Transportmitteln,
  • Erhalt des Produktionsstandorts – Ist dieser weiterhin in einem funktionsfähigen Zustand?

Sofern die Vertragspartei sich auf die Klausel berufen kann, führt dies meist zur vorübergehenden Leistungsbefreiung dieser, bis die zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten erforderlichen Arbeiten wieder aufgenommen werden können. Das betroffene Unternehmen sollte sodann möglichst zeitnah ihre Vertragspartner kontaktieren, um eine eventuelle Schadensersatzpflicht zu vermeiden.


§ 275 BGB – Leistungsbefreiung

Sofern ein Vertrag keine Force-Majeure-Klausel enthält und das deutsche Recht Anwendung findet, kann sich der von dem Ukraine-Krieg betroffene Vertragspartner auf das in § 275 BGB normierte Recht auf Leistungsbefreiung berufen. Vorausgesetzt wird dabei die Unmöglichkeit der Leistungserbringung. Insbesondere die durch den Ukraine-Krieg bedingten Umstände und die gegen Russland verhängten Sanktionen dürften nicht selten zur Unmöglichkeit führen. Sofern sich eine Vertragspartei auf den § 275 BGB berufen kann, ist es der anderen Partei möglich, von dem Vertrag zurückzutreten. Gerne prüfen unsere Rechtsanwälte, ob die genannte Norm greift und erläutern Ihnen Ihre rechtlichen Handlungsmöglichkeiten.


§ 313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage

Für den Fall, dass eine Einigung zwischen den Parteien auf friedlichem Wege nicht erreicht werden kann, steht es den Betroffenen zudem frei, der Erfüllung des Vertrages die Einrede der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB entgegenzuhalten. Möglich wäre sodann eine Vertragsanpassung.

Damit eine solche in Betracht kommt, müssen glaubhafte Argumente vorliegen. Die Geschäftsgrundlage basiert insbesondere auf dem Wertverhältnis (Äquivalenz) zwischen Leistung und Gegenleistung. Durch starke Verteuerung der Leistung (z.B. Preisanstieg bei Rohstoffen) oder eine erhebliche Entwertung der Gegenleistung (z.B. Inflation) kann dieses Verhältnis erheblich aus dem Gleichgewicht geraten.

Im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Ukraine dürfte die Störung der Geschäftsgrundlage in vielen Fällen schon deswegen anzunehmen sein, weil die Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die folgenden Umstände irrtümlicherweise als gesichert betrachtet haben dürften:

  • die uneingeschränkte Verfügbarkeit der zur Vertragserfüllung erforderlichen Waren und Arbeitskräfte,
  • der Fortbestand von bisher genutzten Transportwegen und Transportmitteln.

Besteht Klarheit darüber, dass sich beide Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Irrtum über die bestehenden Umstände befanden (vgl. § 313 Abs. 2 BGB) und dass nun – in Anbetracht der aktuellen, kriegsbedingten Lieferengpässe – das Festhalten am Vertrag einer der beiden Vertragsparteien nicht mehr zugemutet werden kann, ist der Wegfall der Geschäftsgrundlage zu bejahen.


Vertragsänderung durch einen Nachtrag

Nun kommen im Rahmen eines Änderungsvertrages / Nachtrages gem. § 313 Abs. 1 BGB folgende Lösungen in Betracht:

  • Bestimmung eines neuen Liefertermins,
  • eine Herabstufung der Warenqualität,
  • eine Reduzierung der Liefermenge,
  • Stundung sämtlicher Leistungspflichten (bis die Lieferbarkeit wieder garantiert werden kann).

Obwohl hier der Vertrag durch eine solche Ergänzung in seinem Inhalt modifiziert wird, ändert sich der Charakter der Schuld selbst nicht: Der Vertrag wird als solcher fortgesetzt, wobei die darin bestellten Sicherheiten (Bürgschaft, Hypothek etc.) weiterhin ihre Geltung behalten.


Vergleich als Kompromisslösung

Scheidet der Änderungsvertrag bzw. der Nachtrag als Einigungsmöglichkeit aus, weil die Vertragspartei beispielweise durch die verspätete Lieferung Umsatzeinbußen zu erwarten hat oder den Preisanstieg aufgrund bestehender Verträge an die Endverbraucher nicht weitergeben kann, steht den Parteien immer noch der Vergleich im Sinne von § 779 BGB als Weg offen.

So können sich die beteiligten Parteien im Sinne eines „gegenseitigen Opfers“ auf einen bestimmten Geldbetrag verständigen. Kein Vergleich liegt allerdings vor, wenn nur eine der Vertragsparteien nachgibt, indem sie der Gegenseite eine Stundung gewährt, ohne dass diese ebenfalls ein Opfer bringt.


Schlun & Elseven: Umfassende rechtliche Unterstützung im Vertragsrecht

Sollten Sie weitere Fragen zu Vertragsanpassung, Lieferengpässen und/oder anderen Leistungsstörungen haben, das Anwaltsteam unserer Sozietät steht Ihnen jederzeit zur Verfügung als Ihr zuverlässiger Partner. Ganz gleich, ob Sie sich nur informieren oder Ihre vertraglichen Ansprüche im Rahmen einer Mediation bzw. auf gerichtlichem Wege durchsetzen möchten, wir sind für Sie da.