Nachdem mit dem Ende der Brexit-Übergangszeit am 1.1.2021 der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union auch tatsächlich vollzogen worden ist, häufen sich die ersten Schlagzeilen zu Problemen im Warenverkehr zwischen der EU und GB. Viele Verbraucher in Großbritannien und in der EU werden mit der Nachzahlung von hohen Zollgebühren der Paketdienste für Online bestellte Waren belastet. Es gibt weitere Probleme mit vom Zoll zurückgehaltenen Waren aufgrund von Brexit-Komplikationen. Damit konnten sich die Versprechungen des Premier Boris Johnson zum zollfreien Warenverkehr trotz Brexit nicht bewahrheiten.

Die neuen Zollregeln zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit haben den Handel erschwert. Doch nicht nur der private Bereich sieht sich mit einigen Veränderungen konfrontiert, vor allem Unternehmer sind von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits betroffen. Nachdem jahrelang von dem Binnenmarkt, der Zollunion und damit dem freien Warenverkehr profitiert werden konnte, sind seit dem 1.1.2021 vor allem Unternehmer, die bisher nicht in Drittstaaten lieferten, mit dem Chaos der Zollanforderung überfordert. Wegen fehlender Zolldokumente oder Genehmigungen, sowie Nichteinhaltung der Ursprungsregelungen oder anderen Verstößen gegen die neuen Anforderungen für den Warenverkehr zwischen EU und GB, kommt es aktuell häufig zur Festsetzung von Warenlieferungen in Deutschland, wie es der Fall eines unserer Mandaten zeigt.

Damit es gar nicht erst zu dieser Situation kommt, haben wir Ihnen in diesem Artikel überblicksartig einige Kernbereiche der Änderungen der zoll- und außenwirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und GB zusammengetragen. Wenn Sie die Erfahrung gemacht haben, dass Waren vom Zoll festgehalten wurden, oder wenn Sie Unterstützung von kompetenten Zollanwälten suchen, um dies zu verhindern, kontaktieren Sie uns direkt über unsere Kontaktdaten.

Rechtsberatung im Ausländerrecht

Schlun & Elseven Rechtsanwälte berät Privatpersonen und Unternehmen in rechtlichen Fragen rund um den Brexit. Unsere deutschen Anwälte sind per Telefon und E-Mail erreichbar und bieten auch Videokonferenzen an. Für weitere rechtliche Informationen besuchen Sie bitte unsere Brexit-Homepage.

Zoll blockiert Warenlieferung aus Großbritannien / Ware wird vom Zoll festgehalten

Wie folgenschwer der Verstoß gegen die neuen Anforderungen des Warenverkehrs zwischen der EU und GB sein kann, zeigt ein Fall, der das Rechtsanwaltsteam für Handelsrecht unserer Kanzlei Schlun & Elseven Rechtsanwälte PartG mbB gegenwärtig beschäftigt. Unser Mandat vertreibt seine Ware über den Online-Versandhändler Amazon aus GB in die EU. Aufgrund des Brexits und dessen umfassenden Auswirkungen hat auch Amazon, insbesondere das Verteilerzentrum in GB logistische Probleme bekommen und nimmt keine Ware mehr an. Amazon hatte außerdem unseren Mandanten (und vermutlich viele weitere Verkäufer) angewiesen selbständige seine Ware aus GB nach Deutschland einzuführen. Für die Warenlieferung unseres Mandanten aus GB waren daraufhin die erforderlichen Dokumente für den Zoll nicht vorhanden, sodass nun seine hochwertige Ware in Deutschland festgehalten wird und zerstört oder zurückgesendet werden soll.

Zur Verhinderung eines solchen Konflikts erläutern wir Ihnen im Folgenden, was Sie bei der Wareneinfuhr aus GB in die EU oder bei der Warenausfuhr aus der EU nach GB beachten müssen. Bei weitergehenden Fragen oder für eine unverzügliche rechtliche Vertretung sowie Beratung in allen Problemkonstellationen des Brexits kontaktieren Sie uns gerne direkt.


Anforderungen trotz des Handels- und Kooperationsabkommens

Für den Warenverkehr zwischen der EU und GB gelten ab dem 1.1.2021 die im Unionsrecht vorgesehenen Zollvorschriften. Die umfassenden Regelungen im Partnerschaftsabkommen sehen zwar Nullzollsätze und Nullkontingente für Waren und eine Zusammenarbeit im Zoll- und Regulierungsbereich vor, dennoch fallen alle zwischen der EU und GB gehandelten Produkte unter die einschlägigen regulatorischen Kontrollen und Einfuhrkontrollen bezüglich der Sicherheit, Gesundheit und anderer europäischer Gemeinwohlziele. Der bürokratische Mehraufwand für Unternehmen mit direktem GB-Geschäft betrifft unter anderem EORI-Nummern, Zollanmeldungen, Zolltarifnummern, Ursprungsregeln, Exportkontrolle, sowie Präferenznachweisen und -kalkulationen.


Verbote und Beschränkungen für Importeure/Exporteure

Darüber hinaus sehen verschiedene Bereiche des EU-Rechts für bestimmte Waren Verbote und Beschränkungen der Einfuhr aus Drittländern oder der Ausfuhr in Drittländer vor, die ab dem 1.1.2021 auch für Großbritannien als Drittstaat gelten werden. Diese können folgende Ausformungen haben:

  • Absolute Verbot (Jungrobben, deren Felle und Waren daraus)
  • Erforderliche Grenzkontrollen durch spezialisierte zuständige Behörden (Gesundheit, Lebensmittelsicherheit usw.)
  • Mengenmäßige Beschränkungen im Rahmen eines Quotensystems,
  • Zulassung oder Registrierung des Einführers oder Ausführers,
  • Vorgeschriebene Zulassung/Genehmigungen einer Behörde oder Meldungen einer Verbringung bei einer Behörde
  • Vorzulegende Begleitdokumentation (Lizenzen, Genehmigungen, Zertifkate usw.) zu einer Sendung (Bsp.: Aal)
  • Zusätzliche Sorgfaltsbestimmungen für den Einführer (Bsp.: Holz und Holzerzeugnisse)

Festhalten von Waren durch den Zoll vermeiden

Bei Warenausfuhren aus der EU nach GB (ohne Nordirland) müssen Sie ab dem 1.1.2021 eine Zollanmeldung im ATLAS-System für jede Ausfuhr vornehmen, welche sich in der EU nach den gewöhnlichen zollrechtlichen Vorschriften für Drittländer richtet. Hierfür benötigen Sie eine EORI-Nummer. Durch die elektronische Überlassung zur Ausfuhr erhalten Sie als Anmelder dann das Ausfuhrbegleitdokument (ABD), das vom Ausfuhrzollamt nach der Kontrolle der Waren freigeschaltet wird. Dieses Ausfuhrbegleitdokument muss anschließend von dem Unternehmen ausgedruckt und bei der Ausgangszollstelle vorgelegt werden, bevor die Waren aus der EU ausgeführt werden können. Nach dem Abruf der Daten vom Zentralserver bestätigt die Ausgangszollstelle der Ausfuhrzollstelle sowie dem Unternehmen elektronisch den Ausgang der Waren. Diese Bestätigung an das Unternehmen fungiert wiederum als Ausfuhrnachweis zum Beispiel gegenüber dem Finanzamt.

Britische Unternehmen müssen für die Anmeldung von Ein- und Ausfuhrverfahren, auch in die EU, eine britische EORI-Nummer aufweisen können. Diese Maßnahmen müssen ergriffen werden, um zu verhindern, dass Waren vom Zoll festgehalten werden.


Exportkontrolle und Genehmigungspflichten

Dadurch, dass GB ab dem 1.1.2021 als Drittstaat zu behandeln ist, fällt es unter die exportkontrollrechtlichen Regelungen. Zu beachten ist dabei, dass der Handel mit anderen Ländern grundsätzlich genehmigungsfrei ist, jedoch einige Ausnahmen von dieser Regel bestehen. Daher sollten Sie aktuell nachprüfen lassen, ob Ihre Exportware einer Genehmigungspflicht unterliegt. Entscheiden ist dafür, ob die Güter Ihres Unternehmens in der deutschen Ausfuhrliste oder den Anhängen der EG-Verordnung 428/2009 gelistet sind. Besonderes Augenmerk ist zu legen auf:

  • Bestimmte Feuerwaffen, sowie entsprechender Munition und Wiederladegeräte,
  • Ausfuhren im Zusammenhang mit Handels- und Vermittlungsgeschäften, sowie der Technischen Unterstützung
  • Dual-Use-Güter und
  • Güter, die von der Anti-Folter-Verordnung erfasst werden

Ursprungsregeln und Präferenzbehandlung

Ab dem 1.1.2021 müssen Unternehmen die Ursprungseigenschaft der gehandelten Waren nachweisen, damit diese unter eine Präferenzbehandlung des Abkommens zwischen der EU und GB fallen können. Sollten die die Waren die Ursprungsvoraussetzungen nicht erfüllen, können Zölle erhoben werden. Daher ist es unerlässlich, die notwendigen Vorkehrungen für einen korrekten Ursprungsnachweis zu treffen, um einen reibungslosen Warenverkehr ohne Zölle zwischen der EU und GB zu sichern.

Dieses anspruchsvolle und bürokratische Verfahren können unsere Rechtsanwälte für Sie effektiv und zeitnah abwickeln.


Andere spezifische Zollanforderungen: um zu verhindern, dass Waren vom Zoll festgehalten werden

Neben diesen Aspekten müssen im Einzelnen noch weitere Besonderheiten für den Warenverkehr zwischen der EU und GB beachtet werden:

  • Die Vorschriften für die Entrichtung und Erstattung der Mehrwertsteuer ändern sich ab dem 1.1.2021 sowohl für Waren als auch für Dienstleistungen. Werden aus GB verbrauchsteuerpflichtige Waren (Tabakwaren, alkoholische Getränke o.ä.) in das Mehrwertsteuergebiet der EU geliefert, werden ebenfalls Verbrauchsteuern erhoben.
  • Zum 1.1.2021 endet die Gültigkeit der Genehmigungen, die für das Inverkehrbringen von Produkten auf dem Unionsmarkt von den Behörden Großbritanniens erteilt wurden. Damit darf beispielsweise ein KfZ mit einer von GB erteilten Typgenehmigung nicht mehr in der EU verkauft werden. Auch bei einer unionsrechtlich erforderlichen Zertifizierung durch eine benannte Stelle der EU (z.B. für einige Maschinen, Medizin- oder Bauprodukte) kann diese nicht mehr durch eine in GB ansässige Stelle erfolgen. Diese Produkte dürfen dann nicht mehr auf dem Binnenmarkt vertrieben werden.
  • Die in der EU in Verkehr gebrachten Produkte müssen ordnungsgemäß etikettiert und gekennzeichnet Europäische Kennzeichnungsvoraussetzungen für in der EU vertriebene Ware werden nicht mehr erfüllt, wenn sich die Kennzeichnung oder Etikettierung von Waren auf Einrichtungen oder Personen bezieht, die in GB niedergelassen sind.
  • Bei Warenausfuhren von der EU nach GB muss die neue Konformitätskennzeichnung beachtet werden. Statt der CE-Kennzeichnung hat GB ab dem 1.1.2021 die UKCA – UK Conformity Assed eingeführt.
  • Auch die EU-Vorschriften zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) gilt ab dem 1.1.2021 in GB nicht mehr. Daher muss sichergestellt werden, dass in die EU einzuführende chemische Stoffe bei einem Hersteller oder Importeur in der EU registriert sind oder eine Person benannt wurde, die als amtlicher Registrant die Verantwortung für diese Einfuhren übernimm.

Rechtliche Vertretung rund um den Brexit

Unser Rechtsanwaltsteam von Schlun & Elseven Rechtsanwälte PartG mbB ist mit dem Umgang mit den deutschen Behörden sowie den Zollverfahren und Anforderungen zur Exportkontrolle umfassend vertraut und kann Sie dahingehend bestens vertreten. Mit unserer interdisziplinären Ausrichtung und langjährigen Erfahrung können wir Ihren reibungslosen Warenverkehr zwischen der EU und GB auch mit den neuen Herausforderungen des Brexits so schnell und effizient wie möglich erreichen.

Mit Niederlassungen in Köln, Aachen und Düsseldorf und Konferenzräumen in Hamburg, Stuttgart, München, Berlin und Frankfurt können Sie unsere Unterstützung und Beratung bundesweit in Anspruch nehmen.