Heutzutage ist nahezu jede Person Inhaber zahlreicher Accounts im Internet. Sobald Sie einen solchen in den sozialen Netzwerken, bei einem E-Mail-Anbieter und sonstigen Cloud-Diensten angelegt haben, werden Ihre Daten online gespeichert. Mit der zunehmenden Digitalisierung des alltäglichen Lebens nimmt auch die Bedeutung der Frage, inwieweit der digitale Nachlass einer Person vererbt werden kann, zu. Was geschieht nach unserem Tod mit den gespeicherten Daten und wer hat Zugriff auf diese?

Auch der stetig zunehmende Handel mit Kryptowährungen wirft Probleme im Hinblick auf den digitalen Nachlass auf. Diese betreffen insbesondere den Zugriff der Erben auf das Guthaben in Kryptowährungen sowie steuerrechtliche Fragen.

In dem folgenden Beitrag erläutern wir Ihnen rechtliche Aspekte des digitalen Nachlasses. Sollten Sie Fragen haben oder eine individuelle und persönliche Rechtsberatung benötigen, wenden Sie sich an die Rechtsanwälte von Schlun & Elseven.


Was ist unter dem Begriff digitaler Nachlass zu verstehen?

Der digitale Nachlass einer Person umfasst ihr gesamtes digitales Vermögen. Dazu gehören unter anderem die Vertragsbeziehungen, die zwischen dieser und den Anbietern digitaler Dienste (wie sozialen Netzwerken, E-Mails oder Datenbanken) bestehen. Auch die Inhalte der entsprechenden Accounts stellen einen Teil des digitalen Vermögens dar. Dazu gehören unter anderem personenbezogene Daten, E-Mails sowie Adressbücher. Erfasst werden außerdem Domains und andere Rechte an Webseiten. Nicht zu vergessen ist, dass auch Guthaben in Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum zum digitalen Vermögen und damit zu dem digitalen Nachlass einer Person gehören.

Die in sozialen Netzwerken und anderen Datenbanken gespeicherten Daten verbleiben nach dem Tod regelmäßig bei dem entsprechenden Anbieter. Doch in der Regel treten die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 BGB in die jeweiligen Nutzungsverträge ein. Demzufolge haben sie auch Zugriff auf die gespeicherten Daten. Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein Zugang der Erben vertraglich ausgeschlossen ist.

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Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum digitalen Nachlass

Der BGH hat im Jahr 2018 entschieden, dass der Nutzungsvertrag über ein Konto bei einem sozialen Netzwerk vererbbar ist (BGH, Urteil v. 12.7.2018, Az.: III ZR 183/17, Rn. 22). Danach treten die Erben gemäß § 1922 Abs. 1 BGB in die vertragliche Rechtsstellung ein, sodass jegliche Rechte und Pflichten des Erblassers aus dem Nutzungsvertrag auf diese übergehen. Dies gilt grundsätzlich auch für E-Mail-Konten.

Der BGH hatte darüber zu entscheiden, ob die erbende Mutter gegenüber Facebook einen Anspruch auf Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter hat. Dies bejahte der Bundesgerichtshof. Der Nutzungsvertrag über einen Account bei einem sozialen Netzwerk geht dem BGH zufolge grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoinhabers über. Die Erben haben dann einen Anspruch auf Zugang zu dem Konto mitsamt der Kommunikationsinhalte. In einer neueren Entscheidung machte der BGH deutlich, dass der Zugang zu dem Benutzerkonto die Möglichkeit beinhalte, von dem Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Art und Weise Kenntnis zu nehmen, wie es dem Erblasser möglich war (BGH, Beschluss v. 27.8.2020, Az.: III ZB 30/20). Jedoch sind die Erben nicht dazu berechtigt, das Konto aktiv zu nutzen.

Dem BGH zufolge ist ein solcher Vertrag nicht höchstpersönlicher Natur. Die sich daraus ergebende Verpflichtung des Netzwerkbetreibers zur Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten und sonstigen Inhalten sei kontobezogen. Unabhängig davon gingen aber auch Rechtspositionen mit höchstpersönlichen Inhalten auf die Erben über, wie es bei Tagebüchern und persönlichen Briefen der Fall ist.

Im Hinblick auf den Datenschutz der Kommunikationspartner wies der BGH darauf hin, dass die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen der Übermittlung und Bereitstellung von Nachrichten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zulässig sei. Denn die Verarbeitung sei zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen des Betreibers des sozialen Netzwerks gegenüber den Kommunikationspartnern des ursprünglichen Kontoinhabers erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Var. 1 DSGVO). Zudem lägen berechtigte überwiegende Interessen der Erben vor (Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO), da sie in das Nutzungsverhältnis eintreten.


Regelung des digitalen Nachlasses bei Google und Facebook

Einige Anbieter digitaler Dienste geben ihren Nutzern die Möglichkeit, zu bestimmen, was nach ihrem Tod mit ihrem jeweiligen Konto geschehen soll. Beispielsweise verfügt Google über einen sog. Kontoinaktivität-Manager. Google-Nutzern steht es frei, diesen selbst einzurichten. Sie können dort festlegen, ab wann das Konto bei Inaktivität zunächst inaktiv geschaltet und anschließend gelöscht werden soll und wer Zugriff auf die eigenen Daten haben darf. Diesen Service gibt es unter anderem für den E-Mail-Dienst Gmail, für Google Fotos und Google Drive.

Bei Facebook besteht neben der Löschung des Nutzerkontos einer verstorbenen Person auch die Möglichkeit, einen Gedenkzustand herzustellen. Die Kontoinhalte bleiben in diesem Zustand bestehen. Eine Anmeldung bei dem Konto ist dann jedoch nicht mehr möglich.  Familienangehörige und Freunde können über ein Formular die Aktivierung des Gedenkzustands beantragen. Der Kontoinhaber selbst kann festlegen, was nach seinem Tod mit dem Konto geschehen soll, ob es entweder in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht werden soll. Zudem besteht die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt anzugeben, der das Konto im Gedenkzustand verwalten soll.


Bitcoin und andere Kryptowährungen

Auch Guthaben in Kryptowährungen gehören zum digitalen Nachlass. Vererbt wird der kryptografische Schlüssel (sog. Private Key), der den Zugang zum Guthaben gewährt. Problematisch wird es jedoch, wenn die Erben keinen Zugriff auf diesen Schlüssel erhalten. Hat der Erblasser diesen z.B. nirgendwo gespeichert, können die Erben nicht auf das Guthaben zugreifen. In diesem Fall dürfte dieses verloren sein.

Der Private Key kann auf einem physisch verkörperten Speichermedium wie z.B. einem USB-Stick gespeichert werden. Dieser geht dann als Teil des Nachlasses auf die Erben über. Gleiches gilt, wenn der Schlüssel in einem Schriftstück festgehalten ist. Zudem besteht die Möglichkeit, ein Online-Wallet anzulegen. Der Private Key wird dann auf den Servern des Anbieters des Wallets gespeichert. In diesem Fall tritt der Erbe grundsätzlich in die Vertragsbeziehung zwischen Erblasser und Anbieter des Wallets ein und erhält somit einen Anspruch auf Zugang zum Wallet.

Beachtet werden sollte, dass auch Vermögenswerte, die aus Kryptowährungen bestehen, der Erbschaftsteuer unterliegen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 ErbStG). Daher werden sie erbschaftsteuerrechtlich genauso behandelt wie andere Gegenstände. Für die Bemessung der Erbschaftsteuer ist maßgeblich, ob sich die Kryptowährungen im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen befinden (§ 12 ErbStG).

Stichtag für die Berechnung der Erbschaftsteuer ist der Todestag des Erblassers (§§ 11, 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Dafür ist der am Stichtag geltende Marktwert der Kryptowährung zu ermitteln. Sofern die Kryptowährung zu diesem Zeitpunkt einen sehr hohen Marktwert hat, fällt die Erbschaftsteuer dementsprechend höher aus. Sollte der Kurs anschließend fallen, kann die Erbschaftsteuer zu einer erheblichen Belastung führen. Doch einer solchen Folge kann durch geeignete Maßnahmen vorgebeugt werden.


Vorsorge des Erblassers: Wie können Sie Ihren digitalen Nachlass regeln?

Viele Menschen regeln ihren Nachlass im Wege eines Testaments. Außer Acht gelassen wird häufig jedoch der digitale Nachlass.  Eine ausreichende Vorsorge diesbezüglich kann allerdings von enormer Wichtigkeit sein. Es empfiehlt sich, sicherzustellen, dass die Erben von allen relevanten Inhalten des digitalen Nachlasses Kenntnis und auf diese darüber hinaus Zugriff haben. Zu diesem Zweck wird bestenfalls eine Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Passwörtern erstellt und an einem sicheren Ort wie z.B. einem Tresor oder Bankschließfach verwahrt. Diese Übersicht sollte stets aktuell sein.

Noch zu Lebzeiten sollte festgelegt werden, wie mit den eigenen Accounts nach dem Tod verfahren werden soll und welche Verträge gekündigt werden sollen. Nicht zu vergessen sind dabei sämtliche Daten, die auf Ihren Endgeräten wie PC, Smartphone etc. gespeichert sind. Auch diesbezüglich sollte festgelegt werden, was mit den Daten geschieht. Damit Ihre Wünsche in Bezug auf Ihren digitalen Nachlass umgesetzt werden, besteht die Möglichkeit, eine Vertrauensperson als Ihren digitalen Nachlassverwalter festzulegen.

Im Hinblick auf Kryptowährungen sollte sichergestellt werden, dass die Erben auf den entsprechenden kryptografischen Schlüssel zugreifen können, um ihnen den Zugang zum Guthaben zu ermöglichen. Ohne Zugriff auf den Private Key bleibt den Erben auch der Zugriff auf das kryptografische Guthaben verwehrt.

Den Umgang mit dem digitalen Nachlass kann der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung (Testament) und durch eine postmortale Vollmacht festlegen. Im Testament können etwa die Zugangsdaten zu Internetkonten hinterlegt werden. Gleichzeitig kann festgelegt werden, welche Personen Einblick in die Daten erhalten dürfen.

Für eine ausreichende und wirksame Nachlassplanung empfiehlt sich die Hinzuziehung eines erfahrenen Rechtsanwalts für Erbrecht. So kann sichergestellt werden, dass alle Aspekte im Zusammenhang mit Ihrem digitalen Nachlass sorgfältig beleuchtet und berücksichtigt werden.


Rechtliche Beratung durch Schlun & Elseven

Die in diesem Beitrag bereitgestellten Informationen sind von allgemeiner Natur. Für eine rechtliche Beratung steht Ihnen das Anwaltsteam der Kanzlei Schlun & Elseven gerne zur Verfügung. Wir sind Ihr zuverlässiger und kompetenter Partner bei sämtlichen Fragen zum digitalen Nachlass.

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