In einem kürzlichen Fall zum sog. VW-Abgasskandal gelang es Schlun & Elseven Rechtsanwälte für ihren Mandanten ein neues Fahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion als Nacherfüllung zum mangelhaften Fahrzeug zu erstreiten. Damit wurde unserer Forderung gegen eine Vertragshändlerin der PKW-Herstellerin Volkswagen AG auf Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeuges im Rahmen der Geltendmachung von Gewährleistungsrechten eines mit der Beklagten geschlossenen Neuwagen-Kaufvertrages entsprochen. Das Urteil des OLG Köln ist insofern besonders zu begrüßen, als dass das Gericht der Beklagten keinen Nutzungsersatzanspruch gegen unseren Mandanten zuspricht. Unserem Mandanten steht somit nicht nur ein neues Fahrzeug zu, er muss auch für die jahrelange Nutzung des mangelhaften Fahrzeuges keinen Ersatz an die Beklagte zahlen.


Sachverhalt und Prozessverlauf

Unser Mandant hatte im Jahre 2009 einen VW Tiguan Track & Field 4Motion 2,0l TDI 125 kW zu einem Preis von 27.618,64 € bei der Beklagten Vertragshändlerin der PKW-Herstellerin Volkswagen AG erstanden. Wie in vielen anderen, vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugen, enthielt auch der Tiguan unseres Mandanten die manipulierende Software. Damit wurden die realen Abgaswerte verfälscht, indem die Software den Abgasprüfungsfall erkannte und in der Folge verfälschende Mechanismen (durch eine Abschalteinrichtung) auslöste. Das Fahrzeug war somit nach unserer Auffassung mit einem Mangel behaftet gemäß § 434 BGB.

Im Prozess, der zunächst vor dem Landgericht (LG) Aachen begann, klagten wir auf Nachlieferung eines neuen Fahrzeugs (nicht bloß auf Nachbesserung durch ein Softwareupdate). Dies begründeten wir zum einen mit der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs und zum anderen damit, dass die Nachbesserung in Form eines Softwareupdates unzumutbar sei. Das Softwareupdate sollte die Abschalteinrichtung in dem Fahrzeug unseres Mandanten beseitigen. Jedoch birgt sie unserer Auffassung nach zu viele Risiken, sodass sich unser Mandant darauf nicht verweisen lassen muss.

Das LG Aachen wies unsere Klage mit der Begründung ab, dass der Beklagten die Neulieferung eines mangelfreien Fahrzeugs, welches mit dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug in allen Merkmalen übereinstimmt, unmöglich im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB sei. Denn zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt gebe es nur noch den Tiguan II auf dem Markt, welcher in Bauart und Ausstattung zu sehr von dem ursprünglich erworbenen Fahrzeug des Klägers abweiche. Des Weiteren sei eine etwaig mögliche Neulieferung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, sodass die Beklagte diese gewählte Art der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern dürfe.


Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln

Im Gegensatz zum LG Aachen gab uns nun das Oberlandesgericht (OLG) Köln Recht und unser Mandant erhält ein Fahrzeug aus der aktuellen Serienproduktion mit einer vergleichbaren Ausstattung. Die genaue Urteilsbegründung liegt uns zwar noch nicht vor, doch entspricht das OLG der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass trotz einer modifizierten Bauweise auch der Tiguan II noch von der Gattung des klägerischen Fahrzeuges umfasst und damit die Nachlieferung nicht unmöglich ist. Auch die Auffassung des LG, die Beklagte könne eine Nachlieferung wegen Unverhältnismäßigkeit der Kosten verweigern wird abgelehnt. Der Ersatzbeschaffungsaufwand für ein neues Fahrzeug sei nicht so hoch, dass es den Interessen des Autohauses widerspreche. Die Unverhältnismäßigkeit sei nur dann anzunehmen, wenn das Software-Update auf dem „alten“ Fahrzeug grundsätzlich zur Mangelbeseitigung geeignet sei. Zum Softwareupdate wurde ausgeführt, dass dadurch zwar eine Beseitigung des maßgeblichen Mangels der Abschalteinrichtung angenommen werden könne und nach der Installation des Updates drohe nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht mehr die Versagung der Betriebserlaubnis. Doch könne es nicht ausgeschlossen werden, dass mit dem Software-Update Folgeprobleme verbunden seien, die derzeit jedenfalls in der Fachöffentlichkeit diskutiert würden. Demnach war das Software-Update nicht zur Mangelbeseitigung geeignet und eine Unverhältnismäßigkeit auszuschließen.


Besonderheit beim Nutzungsersatz

Das OLG Köln hat der Beklagten außerdem keinen Nutzungsersatzanspruch gegen unseren Mandanten angerechnet. Dieser Aspekt macht das Urteil neben dem gestatteten Anspruch auf Neulieferung so besonders. Denn in einem früheren Urteil vom 03.04.2020 (Az. 18 U 60/19) hatte das OLG Köln anders entschieden. Zwar wurde auch hier der beklagte Verkäufer eines vom Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs zur Erfüllung seiner Gewährleistungspflichten zur Lieferung eines Neuwagens der Folgegeneration verpflichtet. Doch musste die Klägerin das alte Fahrzeug zurückgeben und Wertersatz für dessen Nutzungen zahlen. Begründet wurde dies damit, dass bei der Nacherfüllung des Verkäufers die Befreiung von der Wertersatzpflicht nach § 475 Abs. 3 S. 1 BGB nur für Verbraucher gelte. Der Senat berechnete den Nutzungsersatz unter der Berücksichtigung des ursprünglichen Kaufpreises, der bisher erbrachten Fahrleistung und der regelmäßig von einem Dieselfahrzeug zu erwartenden Gesamtnutzung.