Bei komplexen Entscheidungsprozessen ist es nicht unüblich, dass Vertragsverhandlungen über Monate geführt werden – in Form von Meeting, Nachverhandlungen, und regem Schriftverkehr. Nicht selten entstehen dabei Notar- und Anwaltskosten. Aber auch der verfrühte Kauf von Werkstoffen oder das Einstellen von Arbeitskräften kann hier erheblich zur Rechnung schlagen. Kommt ein sichergeglaubter Vertragsschluss am Ende doch nicht zustande, weil eine der Parteien die Vertragsverhandlungen abbricht, werden diese Aufwendungen womöglich unbrauchbar. Ein Schaden entsteht.

Um in einer solchen Situation für die nötige Klarheit in Bezug auf die Schadensersatzansprüche zu sorgen, bietet die Kanzlei Schlun & Elseven einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Rechtsbeistand an. Unsere Anwälte verfügen über eine ausgezeichnete Expertise und langjährige Erfahrung im Umgang mit den komplexen Anforderungen des deutschen und internationalen Vertragsrechts. Sie klären Sie gerne darüber auf, inwieweit in Ihrem Fall Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können. Gegebenenfalls übernehmen wir Ihre Vertretung, um Ihre Rechte und Interessen im Rahmen einer Mediation bzw. auf gerichtlichem Wege durchzusetzen.

Sie können sich jederzeit an unsere Kanzlei wenden, wenn Sie ein bestimmtes Problem oder eine Rechtsfrage zum Vertragsrecht haben. Unsere Anwälte sind telefonisch und per E-Mail erreichbar und bieten die Möglichkeit von Videokonferenzen. Für weitere juristische Informationen besuchen Sie bitte unsere Homepage zum Vertragsrecht.

Abbruch von Vertragsverhandlungen: Gibt es gesetzliche Regelungen hierfür?

Ja, das Gesetz eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit einer Haftung für Schäden, obwohl die endgültige Schließung des Vertrags ausblieb. Eine Haftung nach den sog. Grundsätzen der culpa in contrahendo (c.i.c.), vgl. § 311 Abs.2 BGB.

Ein Schuldverhältnis entsteht nämlich nicht ausschließlich durch Vertragsschluss, es kann bereits durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, die offensichtliche Anbahnung eines Vertrags oder sonstige geschäftliche Kontakte entstehen (§ 311 Abs. 2 BGB). Ein solches Schuldverhältnis begründet die beidseitige Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte oder Interessen des Gegenübers (§ 241 Abs. 2 BGB). Die Verletzung einer solchen Pflicht kann ebenso, wie die Verletzung einer vertraglichen Pflicht zu Schadensersatzansprüchen führen (§ 280 Abs. 1 BGB).


Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Schadensersatzpflicht bei Abbruch von Vertragsverhandlungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahre 1996 bereits entschieden (BGH NJW 96, 1885), dass ein Schadensersatzanspruch begründet wird, wenn

  • der Abschluss eines formbedürftigen Vertrages als sicher dargestellt wird
  • und das Verhalten des Abbrechenden einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung zu redlichem Verhalten bei den Vertragsverhandlungen bedeutet,
  • was in der Regel die Feststellung vorsätzlich pflichtwidrigen Verhaltens erfordere.

Grundsätzlich hat jede Partei bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem in Aussicht genommenen Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Bis dahin aufgewendete Leistungen erfolgen auf eigene Gefahr. „Nur wenn der Vertragsschluß nach den Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluß gemacht werden, können diese vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er den Vertragsabschluß später ohne triftigen Grund ablehnt.“

2018 hat der BGH einen Schadensersatzanspruch in dem Fall abgelehnt, in dem der Verkäufer eines Grundstücks im Laufe der Vertragsverhandlungen, nachdem der potenzielle Käufer bereits einen Finanzierungsvertrag zur Finanzierung des Grundstücks abgeschlossen hatte, den Preis derart erhöhte, dass es nicht zum Vertragsabschluss kam. Dem potenziellen Käufer war durch die Rückabwicklung des Finanzierungsvertrages ein Schaden in Höhe von 9.000€ entstanden. Das Gericht führte aus, dass bei einem Grundstückskauf an die Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten strenge Anforderungen zu stellen sind. Ein Schadensersatzanspruch entstehe nur, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflicht vorliegt. Da vor der – bei Grundstückkäufen notwendigen – Beurkundung keine rechtliche Bindungswirkung besteht, erfolgen Vermögensdispositionen bis zu Beurkundung grundsätzlich auf eigenes Risiko.

Auch bei der Nichtunterzeichnung eines Mietvertrages hat ein Gericht den Schadensersatzanspruch verneint. Bei Schriftformerfordernis kann vor Unterzeichnung des Vertrages kein Vertrauen in den Vertragsabschluss bestehen, weswegen keine Haftung aus culpa in contrahendo bestehe.


Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht

Der grundlose Abbruch von Vertragsverhandlungen stellt eine Missachtung gegenseitiger Rücksichtnahme dar, und damit eine Pflichtverletzung. Gibt es einen relevanten Grund, der den Vertragsabschluss verhindert, ist keine Pflichtverletzung gegeben, es entsteht keine Schadensersatzpflicht. Eine solche besteht weiterhin nur, wenn der Vertragsschluss nach den Verhandlungen als sicher anzunehmen ist, und diese Annahme von der abbrechenden Partei in zurechenbarer Weise verursacht wurde. Wie die Rechtsprechung mehrfach entschieden hat, ist bei formbedürftigen Verträgen – wie Grundstückkäufen – zusätzlich Vorsatz erforderlich, um einen Schadensersatzanspruch zu generieren.

Wann ein Vertragsschluss als sicher gilt oder wann eine Partei, in zurechenbarer Weise, Vertrauen über das Zustandekommen des Vertrages erweckt, ist in der Praxis regelmäßig strittig und schwer zu beweisen. Oftmals wird daher auf einen Letter of Intent (LOI) zurückgegriffen, eine Absichtserklärung beider Parteien, dass der Wille besteht einen Vertragsschluss anzustreben. Der Letter of Intent belegt, dass die Parteien in Verhandlungen stehen. In der Regel beinhaltet er eine „no binding“-Klausel, die besagt, dass keine der Parteien an den Vertragsinhalt gebunden ist, sie schließt jedoch nicht die Bindung an Rücksichtnahmepflichten und die Bindung an daraus resultierende Schadensersatzpflichten aus.


Schadensersatz: In welchem Umfang haftet die treuwidrige Person?

Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wofür die Partei, die den Vertragsschluss schuldhaft verhindert, zu haften hat. Der Geschädigte kann nach BGH-Rechtsprechung (BGH NJW 81, 1673) gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte. Er hat folglich einen Anspruch auf sein negatives Interesse, mitunter auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen oder entgangener Gewinne aus anderen Rechtsgeschäften, die im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages ausgeschlagen wurden.

Er hat dagegen keinen Anspruch auf das positive Interesse. Dieses umfasst alle Gewinne, die durch das Zustandekommen des Rechtsgeschäfts eingenommen worden wären. So besteht die Pflichtverletzung nicht etwa darin, dass der Vertrag nicht zu Stande kommt, sondern darin, dass ein falsches Vertrauen erweckt wurde, in dessen Folge Ausgaben getätigt wurden, die nunmehr nutzlos sind. Der Schädiger kann also nicht verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn der Vertrag zustande gekommen wäre, er kann aber die Ersetzung des Schadens verlangen, der durch das Erwecken falschen Vertrauens auf Vertragsschluss entstanden ist. Der sogenannte Vertrauensschaden.


Schlun & Elseven: Ihr Rechtsbeistand im Vertragsrecht

Abschließend bleibt festzuhalten, dass jede Partei auch bis zur letzten Sekunde die Möglichkeit hat, von einem Vertragsschluss Abstand zu nehmen, das Erwecken von Vertrauen auf einen sicheren Vertragsschluss aber unter Umständen dazu verpflichtet, Rücksicht auf die Interessen des Gegenübers zu nehmen.

Sollten Sie sich in einer ähnlich gelagerten Situation befinden oder Hilfe bei der Einschätzung eines möglichen Haftungsrisikos im Zusammenhang mit einem Vertragsabbruch benötigen, so stehen wir Ihnen mit unserem Fachwissen und unserer langjährigen Erfahrung jederzeit zur Verfügung. Unser Anwaltsteam sorgt dafür, dass Ihre Rechte und Interessen stets gewahrt bleiben.