Schon zu Beginn der Pandemie um das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) Mitte März 2020 war das Gastgewerbe besonders hart von den Eindämmungsmaßnahmen betroffen. Bereits der März hinterließ laut statistischem Bundesamt mit einem Umsatzrückgang von fast 50 % im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe schwerwiegende wirtschaftliche Einbußen. Außerdem wurden nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes in Beherbergungsbetrieben im April ca. 89 % weniger Gästeübernachtungen verzeichnet als im Vorjahresmonat. Auch wenn seit dem 18. Mai nun vereinzelte und schrittweise Lockerungen der Einschränkungsmaßnahmen erfolgen, leidet das Gastgewerbe weiterhin unter massiven wirtschaftlichen Einbußen. Viele Hoteliers und Gaststätteninhaber müssen um ihre Existenz kämpfen. Daher werden auch die Forderungen nach entsprechenden Entschädigungen lauter.

Wir von Schlun & Elseven Rechtsanwälte zeigen Ihnen daher auf, welche Entschädigungsmöglichkeiten zurzeit diskutiert werden und für Sie gegebenenfalls in Frage kommen können. Zudem widmen wir uns in diesem Artikel der Frage, ob Hotels und Gaststätten Zahlungen ihrer Versicherungen verlangen können. Daneben geben wir Ihnen einen Überblick über bisherige Rechtsprechungen zu geforderten Entschädigungsansprüchen. Für persönliche Fragen abseits dieses Artikels oder weiterführende Hinweise stehen Ihnen unsere qualifizierten Rechtsanwälte jederzeit beratend und unterstützend zur Seite.

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Entschädigung aus dem Infektionsschutzgesetz

Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus (SARS-CoV-2), insbesondere die Rechtsverordnungen zu Betriebsschließungen und tiefgreifenden Einschränkungen im Gastgewerbe wurden auf der Grundlage des §§ 28 ff. Infektionsschutzgesetzes (IfSG)  getätigt. Dieses Gesetz sieht vereinzelte Entschädigungsansprüche in § 56 IfSG vor.

Danach können grundsätzlich einzelne Personen, genauer „Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige sonstige Träger von Krankheitserregern“, denen die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit zum Infektionsschutz verboten war und die dadurch einen Verdienstausfall erlitten, eine Entschädigung in Geld fordern. Seinem Wortlaut nach ist das Gesetz und die in § 56 IfSG geregelte Entschädigung auf Einzelpersonen zugeschnitten und bezieht Entschädigungsansprüche für die Schließung oder Erwerbseinschränkung ganzer Betriebe nicht ausdrücklich mit ein.

Auch andere konkret auf die Betroffenheit ganzer Betriebe und Unternehmen zugeschnittene Regelungen existieren im Infektionsschutzgesetz nicht. Deswegen wird von vielen Juristen die Auffassung vertreten, ein Entschädigungsanspruch, wie es vom Gastgewerbe gefordert wird, könne sich nicht aus dem Infektionsschutzgesetz ergeben.

Es ist aber nicht auszuschließen, dass mit ausführlicher argumentativer Grundlage und dem Hinweis darauf, dass das Gastgewerbe in der Corona-Pandemie ein außergewöhnliches Opfer bringen musste, ein entsprechender Entschädigungsanspruch dennoch aus dem § 56 IfSG abgeleitet werden kann. Zudem wurden die Eindämmungsmaßnahmen inklusive der Betriebsschließungen von Gastronomien und Beherbergungsbetrieben auch auf den § 28 IfSG gestützt, obwohl diese Maßnahmen dort nicht ausdrücklich vorgesehen sind.

Die so nie dagewesene Pandemie um das Coronavirus (SARS-CoV-2) hat außergewöhnliche Maßnahmen gefordert, die über den Wortlaut des Infektionsschutzgesetzes hinausgingen. Jetzt kann für entsprechende Entschädigungsmaßnahmen grundsätzlich nicht gegensätzlich argumentiert werden. Dabei ist aber zu beachten, dass die Durchsetzung einer solchen Entscheidung bei der Behörde und vor Gericht immer von den Umständen des Einzelfalls abhängt und besonders hier einer umfassenden juristischen Expertise bedarf.


Entschädigung aus anderen öffentlich-rechtlichen oder verfassungsrechtlichen Ansprüchen?

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Gastronomie- und Hotelbranche ein besonderes Opfer in der Anfangszeit der Pandemie bringen musste. Neben einer entsprechenden Anwendung des Infektionsschutzgesetzes könnten daher die gewohnheitsrechtlich anerkannten ungeschriebenen öffentlich-rechtlichen Entschädigungsansprüche in Betracht kommen. Diese kommen zum Tragen, wenn durch hoheitliche Maßnahmen ein enteignender (bei rechtmäßiger Maßnahme) oder enteignungsgleicher Eingriff (bei rechtswidriger Maßnahme) in das Eigentum erfolgte und damit ein Sonderopfer der Betriebe bzw. Geschäftsinhaber vorliegt.

In Bezug auf die Einschränkungsmaßnahmen erscheint eine Entschädigung aufgrund eines enteignenden Eingriffs wohl wahrscheinlicher. Denn die überwiegend von den Gerichten abgewiesenen Eilanträge der Hotel- und Gastronomiebetreiber lassen darauf schließen, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus vorwiegend rechtmäßig waren. Doch auch diese Einschätzung hängt immer von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab und von möglichen Alternativen zu den getroffenen Anordnungen. Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff sind jedenfalls, dass unter anderem

  • ein rechtmäßiger unmittelbarer Eingriff in das Eigentum stattfand,
  • dieser eine existenzvernichtende oder-gefährdende Wirkung entfaltete
  • und im Vergleich zu anderen betroffenen Branchen eine besondere Unzumutbarkeit („Sonderopfer“)

Unter den Eigentumsschutz fällt nach überwiegender Auffassung auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, welcher besonders hart durch die Betriebsschließungen im Gastronomiegewerbe eingeschränkt wurde. Es ist zudem durchaus, auch anhand der Umsatzzahlen, feststellbar, dass das Gastgewerbe im Vergleich zu anderen wirtschaftlichen Bereichen von den Corona-Maßnahmen besonders gravierend betroffen war und ist.

Eine abschließende Beurteilung, ob ein solcher Entschädigungsanspruch vor den Gerichten bei Maßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes durchsetzbar sind lässt sich nicht eindeutig erkennen. Auszuschließen lässt sich ein solcher Anspruch im vornherein aber ebenfalls nicht.


Gerichtsurteile zu möglichen Entschädigungsansprüchen

Vereinzelt gibt es bereits Gerichtsurteile zu geforderten Entschädigungsansprüchen nach dem Infektionsschutzgesetz sowie wegen enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff.

So entschied einerseits das Landgericht Heilbronn am 29.04.2020 (Az. I 4 O 82/20), dass eine Entschädigung nach § 56 IfSG nicht ersichtlich sei. Dies begründete es unter anderem damit, dass die klagende Inhaberin eines Friseursalons nicht unter die ausdrücklichen Adressaten des Entschädigungsanspruchs, also „Ausscheidern, Ansteckungsverdächtigen, Krankheitsverdächtigen oder sonstigen Trägern von Krankheitserregern“ falle.

Eine entsprechende, ausgeweitete Auslegung sei aufgrund der Rettungspakete der Bundesregierung nicht erforderlich, weil keine Regelungslücke existiere. Ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff wurde damit verneint, dass allein wegen entgangener Erwerbsaussichten noch kein Eingriff in das Eigentum der Betriebsinhaberin vorliege, was aber durchaus fragwürdig ist.

Andererseits eröffnete das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen am 23.04.2020 (Az. 13 MN 96/20) bei der Überprüfung einer Corona-Rechtsverordnung im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens die Möglichkeit, dass sog. „Nichtstörer“ einen Ausgleichsanspruch aus dem Polizei- und Ordnungsrecht geltend machen könnten.

Insgesamt lässt sich aus diesen vereinzelten Entscheidungen noch keine klare Linie der Gerichte ableiten. Insbesondere fehlen eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechungen. Das bedeutet aber auch, dass die genannten Entschädigungsansprüche nicht von vornherein ausgeschlossen sind und durchaus mit detaillierter rechtlicher Prüfung und strukturierter und fundierter juristischen Argumentation erzielbar sind.


Zahlungen von Versicherungen als Entschädigung?

Des Weiteren stellt sich zur Entschädigung von Betrieben des Gastgewerbes die Frage, ob die Versicherung zahlt. Schon jetzt werden zahlreiche Streitigkeiten mit den Versicherungen erwartet, die wohlmöglich in Klageverfahren gipfeln. Konflikte mit den Versicherungen haben sich vor allem dadurch ergeben, dass diese behaupten, die speziellen und teuren Betriebsschließungsversicherungen gelten nicht für Pandemien im Allgemeinen, sondern nur dann, wenn ein Betrieb wegen eines Infektionsausbruchs schließen müsse. Dringend benötigte Versicherungszahlungen werden daher schon jetzt komplett verweigert oder nur teilweilweise stattgegeben.


Landgericht entscheidet zugunsten des Versicherten

Ein Urteil des Landgerichts Mannheim (Az. 11 O 66/20) verdeutlicht, dass es sich durchaus lohnt gegen die pauschale Verneinung des Eintritts des Versicherungsfalls bei der Betriebsschließungsversicherung vorzugehen und dies auch vor Gericht zu bestreiten. Denn das Gericht verpflichtete am 29.04.2020 die Versicherung eines Hotelbetreibers zur Auszahlung der Versicherungsleistung aus den „Betriebsunterbrechungsversicherungsverträgen“.

In diesem Fall wurde vom Versicherer bestritten, dass eine behördlich angeordnete Schließung des Hotelbetriebs vorlag, weil durch die behördlichen Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen lediglich touristische Übernachtungen untersagt wurden. Es wurde auf die grundsätzlich möglichen Buchungen von Geschäftsreisen hingewiesen und dass somit eine Betriebsschließung nicht hätte erfolgen müssen.

Das Gericht führte dazu aus, dass sich die aktuelle Situation so darstelle, dass die tiefgreifenden Beschränkungen des Hotelbetriebs sich wie eine faktische Schließung auswirken, weil Geschäftsreisen nur einen kleinen Teil des Umsatzes ausmachen und auch diese von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen waren.

Je nach Ausgestaltung Ihres Versicherungsvertrages, der dazugehörigen Vertragsklauseln und dort enthaltenen Bedingungen für einen Versicherungsfall können bisher verweigerte Zahlungen durchaus erreichbar sein. Es empfiehlt sich daher einen erfahrenen Rechtsanwalt mit umfangreicher Expertise zu beauftragen und sich von diesem individuell beraten zu lassen.


Fazit und rechtliche Expertise

Letztendlich wird deutlich, dass die erfolgreiche Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen oder Zahlungen der Versicherungen von der Auslegung und Interpretation der Gesetze, Verträge, Vertragsklauseln und -bedingungen abhängig sein wird. Vor Gericht ist daher eine überzeugende Argumentation entscheidend. Diese muss auf Ihren persönlichen Einzelfall abgestimmt sein, da sich bereits aufgrund unterschiedlicher Rechtsverordnungen der Länder und Vertragsbedingungen der Versicherungsverträge die Sachverhalte stark unterscheiden können.

Unsere erfahrenen Rechtsanwälte von Schlun und Elseven stehen Ihnen mit Ihrer umfangreichen Expertise in einer Vielzahl von Rechtsgebieten gerichtlich und außergerichtlich zur Seite und beraten und unterschützen Sie in allen rechtlichen Fragen.

Um die Ausbreitung des Coronavirus (SARS-CoV-2) einzudämmen gilt es zurzeit für alle Bürgerinnen und Bürger weiterhin möglichst Zuhause zu bleiben. Dennoch ist es unerlässlich eine rechtliche Beratung gewährleisten zu können. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Schlun & Elseven mit Standorten in Köln, Aachen und Düsseldorf und Konferenzräumen in Hamburg, Stuttgart, München, Berlin und Frankfurt stehen Ihnen unter normalen Umständen bundesweit persönlich zur Verfügung.

Als Reaktion auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts hinsichtlich des Coronavirus (SARS-CoV-2) und um Sie nicht zusätzlich der Gefahr einer Ansteckung auszusetzen, bietet Ihnen die Kanzlei Schlun & Elseven derzeit anstelle von Vor-Ort-Besuchen Videokonferenzen und Telefonberatungen an.