Seitdem die Maßnahmen zur Eindämmung der Coivd-19-Pandemie für Geimpfte gelockert wurden, sind zahlreiche gefälschte Impfausweise im Umlauf. Häufig handelt es sich um Fälschungen durch Privatpersonen, die sich als Arzt ausgeben. Im Impfausweis wird eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus dokumentiert, die tatsächlich gar nicht stattgefunden hat. Nicht Wenige sehen darin ein Geschäftsmodell und vertreiben gefälschte Impfausweise gewerbsmäßig.

Doch wie sieht es mit Strafbarkeit des Fälschens und des Gebrauchs von gefälschten Impfausweisen aus? Auf den ersten Blick scheint die Rechtslage eindeutig zu sein: Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB. Tatsächlich bestanden diesbezüglich allerdings bis vor Kurzem noch erhebliche Unklarheiten, welche großes Aufsehen erregten. Aus diesem Grund wurde auch der Gesetzgeber aktiv und sorgte für einige Neuerungen im Strafgesetzbuch (StGB). Die entsprechenden Gesetzesänderungen gelten seit dem 24.11.2021.

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Beschluss des Landgerichts (LG) Osnabrück

Im Besonderen erregte ein Beschluss des LG Osnabrück vom 26.10.2021 Aufmerksamkeit. Das Landgericht stellte fest, die Vorlage eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats sei nicht strafbar (LG Osnabrück, Beschluss v. 26.10.2021, Az.: 3 Qs 38/21). Die §§ 277, 279 StGB regeln die Fälschung und den Gebrauch von unrichtigen Gesundheitszeugnissen. Gemäß diesen Strafnormen in ihrer alten Fassung, die bis zum 23.11.2021 galt, war die Vorlage eines gefälschten Impfausweises aber nur strafbar, wenn sie gegenüber einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft erfolgte. Bei einer Apotheke handele es sich jedoch um ein privates Unternehmen, das davon nicht erfasst sei.

Darüber hinaus sah das Landgericht die Straftatbestände der §§ 277, 279 StGB als spezielle Regelung für Gesundheitszeugnisse an, die gegenüber der Urkundenfälschung nach § 267 StGB eine Sperrwirkung entfalte. Der Tatbestand der Urkundenfälschung sei daher nicht auf Gesundheitszeugnisse anwendbar. Da die spezielleren Regelungen jedoch nicht die Vorlage in einer privat geführten Apotheke erfassten, war dem LG Osnabrück zufolge in diesem Fall der Gebrauch eines gefälschten Impfausweises nach der alten Gesetzeslage straffrei.

Im Hinblick auf diese Rechtsprechung bestand jedoch keineswegs Einigkeit. Anders wird die Frage beispielsweise von den niedersächsischen Generalstaatsanwälten beantwortet, die einen Rückgriff auf den allgemeinen Straftatbestand der Urkundenfälschung für möglich erachteten. Heute ist diese Frage durch entsprechende Änderungen im StGB geklärt.


Strafbarkeit nach dem StGB: Die Gesetzeslage seit dem 24.11.2021

Die Vorschriften der §§ 277 bis 279 StGB stellen die Fälschung, das Ausstellen und den Gebrauch von unrichtigen Gesundheitszeugnissen unter Strafe, worunter auch Impfnachweise fallen. Gemäß § 277 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson ein Gesundheitszeugnis für sich oder eine andere Person ausstellt. Davon erfasst ist beispielsweise der Fall, dass eine Privatperson sich als Arzt ausgibt, indem sie unter Verwendung eines nachgeahmten Arztstempels eine Covid-19-Impfung in einem Impfausweis dokumentiert. Bestraft wird die Tat mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, die ein unrichtiges Gesundheitszeugnis ausstellen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 278 Abs. 1 StGB).

Liegt jeweils ein besonders schwerer Fall vor, fällt die Strafe höher aus. Es droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren (§§ 277 Abs. 1, 278 Abs. 1 StGB). Um einen besonders schweren Fall handelt es sich in der Regel, wenn die Dokumentation von Impfungen in Impfausweisen gewerbsmäßig erfolgt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung dieser Straftat verbunden hat. Diese Regelung wurde mit der Gesetzesänderung zum 24.11.2021 neu eigenführt.

Vor der Gesetzesänderung waren die Straftatbestände nur einschlägig, wenn von dem entsprechenden Gesundheitszeugnis zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch gemacht wurde. Diese Voraussetzung ist nun weggefallen. Somit ist allein das Fälschen bzw. Ausstellen bereits strafbar. Doch auch allein der Gebrauch eines gefälschten Gesundheitszeugnisses steht gemäß § 279 StGB unter Strafe. Auch hierfür ist nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr erforderlich, dass der Impfausweis gebraucht wird, um eine Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft zu täuschen. Vielmehr genügt allgemein der Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr. Davon erfasst ist z.B. das Vorzeigen in einer Apotheke zur Ausstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in einem Restaurant, in dem die 2G-Regel gilt.

Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB

Im Falle der Fälschung oder des Gebrauchs eine gefälschten Impfausweises kommt vielen wohl als erstes die Straftrat der Urkundenfälschung in den Sinn. Gemäß § 267 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unrechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Für das Herstellen einer unechten Urkunde kommt es drauf an, ob über die Identität des Ausstellers getäuscht wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man unter dem Namen eines Arztes die Durchführung einer Impfung in einem Impfausweis einträgt. Ein Verfälschen einer echten Urkunde liegt hingegen etwa vor, wenn man eigenmächtig das Datum der Impfung im Impfausweis ändert.

Während vor den Gesetzesänderungen noch umstritten war, ob die besonderen Tatbestände für Gesundheitszeugnisse die anderen Urkundendelikte sperren, hat der Gesetzgeber diese Frage jetzt ausdrücklich geklärt. Nunmehr ist gesetzlich angeordnet, dass die Regelungen über Gesundheitszeugnisse gegenüber der Urkundenfälschung formell subsidiär sind. Soweit also auch der Tatbestand der Urkundenfälschung erfüllt ist, wird der Täter danach strafbar. Hierbei handelt es sich um ein erheblich höheres Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe (§ 267 Abs. 1 StGB).


Strafbarkeit des Herstellens und Anbietens eines Blankett-Impfausweises

Neu eingefügt wurde die Regelung des § 275 Abs. 1a StGB. Danach macht sich strafbar, wer die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises vorbereitet, indem er in einem Blankett-Impfausweis eine nicht durchgeführte Impfung dokumentiert. Es handelt sich also um einen Impfausweis, der noch nicht personalisiert ist, aber bereits einen Impfeintrag enthält. Das Gleiche gilt für jemanden, der einen solchen ergänzten Blankett-Impfausweis sich oder einem anderen verschafft, freihält, verwahrt, einem anderen überlässt oder einzuführen oder auszuführen unternimmt.

Hintergrund dieser Neuerung ist, dass bei Eintragung einer Schutzimpfung in einen Blanko-Impfausweis ohne Personalisierung zweifelhaft ist, ob bereits eine Urkunde oder ein Gesundheitszeugnis vorliegt. Daher bestehen Zweifel an der Strafbarkeit nach § 267 StGB wegen Urkundenfälschung sowie nach den §§ 277, 278 StGB. Die neue Vorschrift soll die Herstellung und den Verkauf solcher Blankett-Impfausweise eindeutig unter Strafe stellen.


Strafbarkeit nach dem Impfschutzgesetz (IfSG)

Weitere Strafnormen in Bezug auf gefälschte Impfausweise enthält das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Auch diese Regelungen haben im Laufe der Corona-Pandemie einige Änderungen erfahren. Gemäß § 74 Abs. 2 IfSG macht sich strafbar, wer wissentlich eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus zur Täuschung im Rechtsverkehr nicht richtig dokumentiert. Dies gilt allerdings nur für zur Durchführung von Schutzimpfungen berechtigte Personen (§§ 74 Abs. 2, 73 Abs. 1a Nr. 8, 22 Abs. 1 IfSG). Für diese Straftaten ist eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe vorgesehen.

Ausdrücklich geregelt ist außerdem die Bescheinigung in einem digitalen Covid-19-Zertifikat. Wer wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr die Durchführung einer Schutzimpfung in einem solchen Zertifikat nicht richtig bescheinigt, begeht ebenfalls eine Straftat (§ 75a Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 22 Abs. 5 S. 1 IfSG).

Darüber hinaus ist es strafbar, wenn man wissentlich eine entsprechende unrichtige Dokumentation bzw. Bescheinigung zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht (§ 75a Abs. 3 Nrn. 1 und 2 StGB). Dies betrifft also das Vorzeigen des Impfausweises mit der Corona-Impfung oder des QR-Codes im entsprechenden Covid-19-Zertifikat.


Rechtsberatung und Strafverteidigung durch Schlun & Elseven

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