Der BGH hat sich Ende Januar mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache nach der aktuellen Marktmiete bemessen werden kann. Danach hat der Vermieter bei verspäteter Rückgabe der Wohnung nach wirksamer Kündigung einen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung in Höhe einer Neuvertragsmiete, wenn diese höher ist als die vereinbarte Miete, vgl. BGH Urt. v. 18.01.2017- VIII ZR 17/16.


Höhe der Nutzungsentschädigung bislang streitig

In Wohnraummietverhältnissen war bislang streitig, in welcher Höhe der Vermieter nach wirksamer Kündigung des Mietverhältnisses einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB gegen den Mieter hat, wenn dieser die Mietsache nach erfolgter Kündigung nicht ordnungsgemäß zurückgibt. Möglich ist es entweder die Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a BGB nach der aktuellen Marktmiete zu bemessen oder nach dem mit dem Vierjahresdurchschnitt zu bemessenden ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB. Für die Gewerberaummiete hatte der BGH diese Frage bereits entschieden, vgl. BGH Urt. v. 14.07.1999- XII ZR 215/97- BGHZ 142, 186, 189ff. Danach entsteht der Entschädigungsanspruch kraft Gesetzes in Höhe der ortsüblichen Miete, wenn diese höher ist als die vereinbarte Miete.


Sachverhalt

In dem Fall, der dem BGH zur Entscheidung vorlag, stritten sich die Parteien um die Höhe der Nutzungsentschädigung. Der Vermieter hatte den mit dem Mieter seit 1993 bestehenden Mietvertrag über ein in München gelegenes Einfamilienhaus wirksam zum 30.10.2011 gekündigt. Die Mieter gaben das Mietobjekt jedoch erst zum 15.04.2013 heraus. In der Zeit vom 30.10.2011 bis zum 15.04.2013 zahlten sie die vertraglich geschuldete Miete von ca. 945€ monatlich.

Da die Vermieter mit dieser Nutzungsentschädigung nicht einverstanden waren, erhoben sie Klage beim zuständigen Amtsgericht. Dieses hat der Klage in Höhe von insgesamt 7.300,00 € stattgegeben, vgl. Urt.v. 21.04.2015- 417 C 8389/13. Gegen dieses Urteil legten die Mieter Berufung ein. Das Landgericht wies die Berufung zurück und lies die Revision zu, vgl. LG München, Urt. v. 27.01.2016- 15 S 8361/15. Der BGH wies die Revision der Mieter jedoch zurück.

Die Entscheidungsgründe basieren auf der Auslegung des § 546a Abs. 1 BGB

Zur Begründung führte der BGH aus, dass der Wortlaut des § 546 a BGB für eine großzügige Auslegung spreche, vgl. Urt.v.18.01.2017- VIII ZR 17/16.

Im § 558 Absatz 2 Satz 1 BGB findet sich für die Mieterhöhung eine ausdrückliche Einschränkung zum Schutz des Mieters vor einer unangemessenen Mieterhöhung. Diese findet sich im § 546 a Absatz Alt.2 BGB allerdings nicht. Danach kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist. Zudem ergibt sich aus der Gesetzessystematik, dass die beiden Normen nicht in der gleichen Art und Weise auszulegen sind. 546 a BGB befindet sich im Untertitel „allgemeine Vorschriften für Mietverhältnisse“ (§§ 535 ff.) und gilt demnach für alle Mietverhältnisse und auch für Mietverhältnisse über bewegliche Sachen. Der § 558 BGB gilt jedoch nur für Mietverhältnisse über Wohnraum.

Überdies entsteht der Entschädigungsanspruch gemäß § 546 a BGB unmittelbar kraft Gesetzes. Es bedarf dazu keiner rechtsgestaltenden Wirkung. Der Vermieter hat folglich vielmehr von vornherein einen Entschädigungsanspruch in Höhe der vereinbarten oder wenn diese höher ist, in Höhe der aktuellen Marktmiete, vgl. BGH Urt. v. 14.07.1999 – XII ZR 215/97. Der Anspruch des Vermieters auf Mieterhöhung gemäß § 558 BGB setzt allerdings ausweislich des Gesetzestextes eine Willenserklärung des Vermieters und eine Zustimmung des Mieters gemäß § 558 b BGB voraus.

Intention des § 546 a BGB: Privilegierung des Vermieters 

Zweck des § 546 a BGB ist es, den Vermieter zu begünstigen, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Mietsache nicht zurückgibt. Der Vermieter soll von einer günstigen Preisentwicklung am Markt profitieren, vgl. NJW 2017, 1022. Zusätzlich kommt § 546 a BGB noch ein weiterer Zweck zu. Mit § 546 a BGB soll dem Vermieter ein vertragsähnlicher Anspruch zugestanden werden, durch den zusätzlicher Druck auf den Mieter ausgeübt wird. Der Mieter soll schließlich dadurch zur Vollziehung der Rückgabe motiviert werden, vgl. BGHZ 107,123 = NJW 1989, 1730).

Darf der Mieter jedoch weiterhin die vereinbarte Miete zahlen und hat der Vermieter nur einen Anspruch auf die vereinbarte Miete, würde sich der Mieter nie zur Rückgabe der Mietsache entschließen. Das Rechtsverhältnis der Parteien ist jedoch gerade in der Vorenthaltungszeit nur noch auf die Abwicklung der Rückgabe der Mietsache gerichtet. Diese hängt vom Willen des Mieters ab, vgl. BGH, NJW 2015, 2795.

Anders verhält es sich bei § 558 BGB. Danach soll gerade der Mieter vor unzulässigen Mieterhöhungen geschützt werden. § 546 a BGB schützt jedoch den Vermieter. Insofern ist die Intention der beiden Normen unterschiedlich. 558 BGB kann demnach im Rahmen der Höhe der Nutzungsentschädigung nicht zur Begründung herangezogen werden.

Gesetzesbegründung des § 546 a BGB stellt auf den Gewinn bei Neuvermietung ab

Überdies stellen auch die Materialien zum Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) vom 19.06.2001 (BGBI.I 2001, 1149) ausdrücklich darauf ab, dass es bei § 546 a Absatz 1 Alt. 2 BGB darauf ankommt, was im Rahmen einer Neuvermietung des Mietobjektes erzielbar gewesen wäre. Die Gesetzesbegründung des § 546 a BGB (Bundestag – Drs. 14/4553,45) stellt ebenfalls darauf ab, dass bei § 546 a BGB die mögliche Erzielung einer Neuvermietung im Vordergrund steht. Da zwischen dem Wirksamwerden der Kündigung und der endgültigen Räumung der Wohnung ein längerer Zeitraum liegen kann, kommt es regelmäßig darauf an, dass der Vermieter durch das Vorenthalten des Mietobjektes gehindert ist, durch eine Neuvermietung einen Mietzins nach der aktuellen Marktmiete zu erzielen, vgl. BGH Urt. v. 18.01.2017- VIII ZR 17/6.

Auch im Rahmen einer risikogerechten Verteilung ist nicht nachvollziehbar, warum der Vermieter sich mit der vereinbarten Miete zufrieden stellen soll, obwohl die Kündigung wirksam war. Der Mieter muss vielmehr das Risiko dafür tragen, dass er trotz wirksamer Kündigung weiterhin in der Wohnung verblieben ist, vgl. Gesetzesbegründung des § 546 a BGB, Bundestag- Drs. 14/4553,45. Abzustellen ist beim Entschädigungsanspruch demnach darauf, was bei einer Neuvermietung hätte erzielt werden können.


Fazit

Der Fall zeigt, dass sich viele Mieter trotz einer wirksam erfolgten Kündigung oftmals Zeit lassen, bis sie das Mietobjekt zurückgeben. Die Vermieter verpassen dadurch immer öfter die Möglichkeit das Mietobjekt unter der aktuellen Marktmiete neu zu vermieten.

Da die Frage nach der Höhe der Nutzungsentschädigung nun durch höchstrichterliche Rechtsprechung abschließend entschieden wurde, raten wir den Vermietern deshalb dringend solch ein Verhalten der Mieter nicht hinzunehmen.

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