Wenn der Arbeitgeber den geschuldeten Lohn bzw. das geschuldete Gehalt nicht oder nicht vollständig zahlt, ist regelmäßig schnelles Handeln des Arbeitnehmers erforderlich. Dies nicht zuletzt deshalb, um nicht wegen des Zahlungsausfalls in existenzielle Bedrängnis zu geraten. Daher stellt sich als Arbeitnehmer die Frage, was zu tun ist, um seine Ansprüche schnell und effektiv durchzusetzen.
Um hier für die nötige Klarheit zu sorgen, bietet die Kanzlei Schlun & Elseven einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Rechtsbeistand an. Egal, ob es um rückständige Vergütungsansprüche, die Einreichung einer Lohn- bzw. Gehaltsklage oder ein anderes arbeitsrechtlich relevantes Anliegen geht – unser Team steht Ihnen mit seiner hervorragenden Expertise und langjährigen Erfahrung jederzeit zur Seite. Unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht, Dr. Thomas Bichat und Jens Schmidt, gewährleisten Ihnen die Unterstützung, die Sie benötigen, um arbeitsrechtlich stets auf der sicheren Seite zu sein. Bitte berücksichtigen Sie, dass im Falle eines Lohnrückstands eventuell arbeitsvertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen zu beachten sind, um Ihre Ansprüche geltend zu machen.
Zahlungsverzug des Arbeitgebers ohne Mahnung
Damit der Arbeitnehmer die Rechte wegen Lohnrückstand des Arbeitgebers geltend machen kann, muss sich der Arbeitgeber in Zahlungsverzug befinden. Die Frage, ob Zahlungsverzug vorliegt, richtet sich in erster Linie nach dem Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag, sofern ein solcher auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. In den meisten Fällen ist für den Zeitpunkt der Lohn- bzw. Gehaltszahlung ein bestimmter Fälligkeitstermin nach dem Kalender bestimmt. Das heißt, zahlt der Arbeitgeber bis zu diesem Zeitpunkt nicht oder nur unvollständig, gerät er gem. § 286 Abs. 2 Nr.1 BGB automatisch in Verzug, ohne dass hierfür eine Mahnung erforderlich ist.
Fehlt ein solcher Fälligkeitstermin, kommt die Regelung des § 614 BGB zum Tragen. Danach ist das üblicherweise monatlich zu zahlende Gehalt nach Ablauf des jeweiligen Monats fällig. Das heißt, der Lohn bzw. das Gehalt muss immer spätestens am ersten Tag des Folgemonats vom Arbeitgeber entrichtet werden. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, liegt nach Ablauf dieses Tages Zahlungsverzug vor.
Was tun bei Lohnrückstand?
Der Arbeitnehmer hat verschiedene Möglichkeiten, auf Lohnrückstand zu reagieren:
1. Wichtig: Ausschlussfristen beachten!
In Arbeitsverträgen oder einschlägigen Tarifverträgen, befinden sich oftmals sog. Ausschlussklauseln. Diese enthalten Ausschlussfristen (zumeist 3 oder 6 Monate), die bewirken, dass arbeitsvertragliche Ansprüche endgültig untergehen, wenn sie nicht innerhalb der genannten Frist geltend gemacht werden. Sollte eine solche Ausschlussfrist auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sein, müssen die Fristen unbedingt eingehalten werden, damit die Ansprüche nicht unwiederbringlich verloren gehen.
Zu unterscheiden sind hierbei:
- einstufige Ausschlussklauseln: Auf der ersten Stufe sehen Ausschlussfristen vor, dass der Anspruch binnen einer bestimmten Frist schriftlich gegenüber dem Vertragspartner anzumelden bzw. geltend zu machen ist.
- zweistufige Ausschlussklauseln: Bei einer zweistufigen Ausschlussklausel wird darüber hinaus verlangt, dass der Berechtigte seinen Anspruch innerhalb einer weiteren bestimmten Frist einzuklagen hat, wenn der andere Vertragspartner den Anspruch trotz außergerichtlicher Geltendmachung nicht erfüllt, den Anspruch bestreitet oder überhaupt nicht reagiert.
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2. Offene Lohnforderung bzw. Gehaltsforderungen anmahnen
Bei vorhandenen Ausschlussfristen muss der Anspruch auf Lohnzahlung rechtzeitig angemahnt werden. Hierfür ist nach der Rechtsprechung ausreichend, wenn die Abmahnung in telekommunikativer Form, also per E-Mail oder Telefax, abgegeben wird.
3. Keinen Gehaltsverzicht oder Gehaltsabsenkung unterschreiben
Der Grund dafür, dass der Arbeitgeber den Lohnzahlungen nicht mehr nachkommt, liegt häufig darin, dass die Insolvenz kurz bevorsteht. In einem solchen Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, ist der Lohnanspruch zumindest für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens dadurch abgesichert, dass Insolvenzgeld beantragt werden kann.
Unterschreibt der Arbeitnehmer einen – von Arbeitgebern in solchen Fällen häufig vorgelegten – Gehaltsverzicht bzw. eine Gehaltsabsenkung, setzt sich der Arbeitnehmer der Gefahr aus, gar keinen oder nur einen gekürzten Anspruch des ihm zustehenden Insolvenzgeldes geltend machen zu können.
Beabsichtigt der Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis wegen der fortwährenden Lohnrückstände zu beenden, kann ein unterschriebener Gehaltsverzicht bzw. eine Gehaltsabsenkung zudem zu einer Kürzung des gegebenenfalls zu beantragenden Arbeitslosengeldes führen.
4. Vorsicht mit Stundungsabreden
Eine Stundungsabrede hat zur Folge, dass die Fälligkeit eines Lohn- oder Gehaltsanspruchs zeitlich nach hinten verlagert wird. Eine solche Abrede ist zwar weniger nachteilig für Arbeitnehmer im Vergleich zu Gehaltsverzicht oder Gehaltsabsenkung, da der Anspruch grundsätzlich bestehen bleibt. Arbeitnehmer verlieren jedoch mangels Verzugs des Lohns ihr wirksamstes Druckmittel gegenüber dem Arbeitgeber, nämlich ihr Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die Arbeitsleistung.
Sofern eine Stundungsabrede dennoch unterzeichnet wird, ist unbedingt darauf zu achten, diese schriftlich niederzulegen und einen Zeitpunkt zu vereinbaren, an dem die Stundung aufgehoben wird und wann die Gesamtzahlung durch den Arbeitgeber zu erfolgen hat. Andernfalls ist die Stundung grundsätzlich unbefristet und eine spätere Zahlungsklage des Arbeitnehmers wird mangels Zahlungsverzugs des Arbeitgebers scheitern.
5. Zwischenzeugnis erbitten
Lohnrückstände entstehen in den meisten Fällen dann, wenn der Arbeitgeber finanziell unter Druck steht und seinen Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag nicht mehr nachkommen kann. Es ist daher nicht fernliegend, dass das Arbeitsverhältnis in Zukunft aufgelöst wird. Vor diesem Hintergrund ist es für den Arbeitnehmer empfehlenswert, frühzeitig ein Zwischenzeugnis anzufordern.
6. Lohnklage erheben
Darüber hinaus steht Arbeitnehmern selbstverständlich auch die Möglichkeit offen, den Lohn- bzw. Gehaltsanspruch im Rahmen einer Lohnklage vor dem Arbeitsgericht einzuklagen. Wird der Prozess gewonnen, können mit Hilfe des Urteils Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Arbeitgeber eingeleitet werden. Unter anderem besteht die Möglichkeit, einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen oder aber eine Kontenpfändung vorzunehmen.
Vor allem in dem Fall, dass der Arbeitsvertrag oder ein auf das Arbeitsverhältnis anwendbarer Tarifvertrag eine zweistufige Ausschlussfrist enthält, ist eine Lohnklageerhebung unabdingbar, um die Ansprüche durchzusetzen.
7. Arbeitsleistung verweigern
Wenn sich der Arbeitgeber mit mindestens zwei vollen Monatszahlungen im Verzug befindet, können Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung die Arbeitsleistung vorläufig verweigern, bis die Rückstände beglichen wurden. Für den Fall, dass Arbeitnehmer von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen möchten, muss dem Arbeitgeber die Einstellung der Arbeitsleistung jedoch zuvor angedroht worden sein. Zu Beweiszwecken sollte dies schriftlich per Einschreiben geschehen.
Kein Zurückbehaltungsrecht besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn:
- der Arbeitgeber seine Lohnzahlungspflicht nur in einem geringfügigen Umfang nicht erfüllt hat, d.h., vor allem dann, wenn der Lohnrückstand weniger als zwei Monate beträgt
- der Lohnanspruch in anderer Weise gesichert ist (z.B. durch Grundpfandrechte), wobei etwaige Ansprüche auf Insolvenzausfallgeld vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine solche Sicherung darstellen
- nicht nur eine „kurzfristige Zahlungsverzögerung“ zu erwarten ist oder
- dem Arbeitgeber ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen könnte.
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Liegt ein wirksames Zurückbehaltungsrecht vor, darf der Arbeitgeber keine Sanktionen daran knüpfen. Insbesondere darf das Arbeitsverhältnis wegen der Arbeitsverweigerung nicht gekündigt werden. Vielmehr besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Arbeitnehmer kann verlangen, so bezahlt zu werden, als hätte er gearbeitet.
Zur finanziellen Absicherung kann in diesem Zeitraum der berechtigten Arbeitsverweigerung Arbeitslosengeld bei der Agentur für Arbeit beantragt werden.
8. Fristlos kündigen, Verdienstausfall und Abfindung verlangen
Halten die Lohnrückstände an, kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gem. § 626 BGB fristlos kündigen. Hierbei gilt es aber insbesondere zu beachten, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung regelmäßig nur im Falle der vorherigen Abmahnung wirksam ist. Eine Abmahnung ist erforderlich, da diese im Verhältnis zur Kündigung das mildere Mittel darstellt. Erst wenn der Arbeitgeber seiner Lohn- bzw. Gehaltszahlungspflicht nach einer Abmahnung nicht nachkommt, berechtigt dies zur fristlosen Kündigung.
Bei Wirksamkeit der fristlosen Eigenkündigung, hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Schadensersatz, vgl. § 628 Abs. 2 BGB. Umfasst wird hiervon zum einem die entgangene Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfristen, da der Arbeitgeber die vorfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sein vertragswidriges Verhalten verursacht hat. Zum anderen umfasst der Schadensersatzanspruch die Zahlung eines abfindungsähnlichen Ausgleichs für den Verlust des Arbeitsplatzes.
9. Verzugsschaden
Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer den Schaden, den er dadurch erlitten hat, dass der Arbeitgeber als Schuldner der Lohnzahlung bzw. Gehaltszahlung nicht gezahlt hat, ersetzt verlangen.
Unter den Verzugsschaden fällt:
- Schadensersatz bzgl. der Schadensposten, die infolge der nicht oder verspäteten Zahlung entstanden sind, §§ 280, 288 Abs. 4 BGB,
- Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr, § 288 Abs. 1 BGB,
- Verzugsschadenpauschale in Höhe von 40 EUR, § 288 Abs. 5 BGB. Zwar ist die Frage, ob die Verzugsschadenpauschale auch im Arbeitsrecht anwendbar ist, noch nicht höchstrichterlich entschieden worden. Angesichts des Wortlauts und Zwecks der Neuregelung, sprechen die besseren Argumente dafür, auch dem Arbeitnehmer diesen Anspruch zuzusprechen. Diese Tendenz spiegelt sich auch in den jüngsten Entscheidungen wieder (etwa LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2016 – 3 Sa 34/16).
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