Nicht selten ergeben sich während eines Kurzaufenthalts neue persönliche oder berufliche Chancen, die den Wunsch wecken, sich länger als 90 Tage in Deutschland aufzuhalten. Grundsätzlich sieht das deutsche Aufenthaltsrecht keine Umwandlung eines Schengenvisums in einen Aufenthaltstitel vor. Es bestehen aber spezielle Ausnahmen, in denen eine solche Umwandlung dennoch möglich sein kann.

Sollten Sie daher mit einem Schengenvisum nach Deutschland gereist sein und möchten einen längerfristigen, zweckgerichteten Aufenthaltstitel erwerben, kann dieser Artikel Ihnen Aufschluss darüber geben, ob für Ihren Fall ggf. eine besondere Ausnahmeregelung existiert. Die folgenden Angaben können jedoch keine individuelle, auf Ihren besonderen Fall abgestimmte Rechtberatung im Ausländer- und Aufenthaltsrecht ersetzen.

Für eine hinreichende persönliche Unterstützung und eine ausführliche Prüfung Ihres Einzelfalls auf ein Recht zum Erwerb einer Aufenthaltsgenehmigung stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte für Ausländer- und Aufenthaltsrecht von Schlun & Elseven mit umfangreicher Expertise und langjähriger Erfahrung zur Verfügung. Wir prüfen, ob die Umwandlung des Schengenvisums in eine EU-Blue Card oder zum Familiennachzug, insbesondere zum Ehegattennachzug in Betracht kommen könnte.

Schlun & Elseven Rechtsanwälte unterstützt Unternehmen und Privatpersonen bei allen Fragen rund um das deutsche Aufenthaltsrecht und Ausländerrecht. Lernen Sie unser Praxisgruppe sowie unsere Services kennen.

Beantragung eines Aufenthaltstitels im Anschluss an ein Schengenvisum

Eine befristete, zweckgebundene Aufenthaltserlaubnis wie z.B als EU-Blue Card oder zum Familiennachzug nach §§ 27 AufenthG wird in der Regel erst erteilt, wenn alle erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen vor der Einreise vorliegen und das Antragsverfahren durchlaufen wurde.

Von dem Erfordernis des Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen vor Einreise in das Bundesgebiet kann bei dem Vorliegen eines Schengenvisums nach § 39 Nr. 3 AufenthV eine Ausnahme gemacht werden. Denn nach der Ausnahmevorschrift § 39 Nr. 3 AufenthV kann ein Ausländer über die im AufenthG geregelten Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen. Dies ist eine Sondervorschrift, die eingeführt wurde, um Aufenthaltsansprüche deren Voraussetzungen bereits alle vorliegen nicht noch in einem formellen Verfahren überprüfen zu müssen.

In den Ausnahmefällen, in denen im Anschluss an ein Schengenvisum ein einschlägiger Rechtsanspruch auf Aufenthalt gegeben ist, hat die zuständige Behörde nämlich keine Entscheidungsspielräume bzw. kein Ermessen mehr. Der Aufenthaltstitel ist demnach zwingend zu erteilen, sodass ein nachgeholtes formelles Verfahren überflüssig wäre. Diese Ausnahme, mit einem Schengen-Visum in Deutschland zu bleiben, bietet demnach die Möglichkeit ein langwieriges Visumsverfahren, dass normalerweise vor Einreise durchlaufen werden muss zu vermeiden.


Gültiges Schengenvisum

Grundvoraussetzung ist zunächst, dass der Anspruchsteller ein gültiges Schengen-Visum vorweisen kann. Denn Drittstaatsangehörige benötigen zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland ein Visum, wenn sie nicht Staatsangehörige der EU-Staaten oder anderer Staaten sind, für die eine Visumsverpflichtung aufgehoben wurde. Sachlich zuständig für die Erteilung eines Schengen-Visums sind die Botschaften und Generalkonsulate. Die örtliche Zuständigkeit hängt dagegen davon ab, in welches Zielland des Schengenraums sie einreisen möchten und wie dessen Auslandsvertretung in ihrem Wohnsitz geregelt ist.

Wollen sie Deutschland als einzigen Schengen-Staat besuchen müssen sie einen Antrag bei der deutschen Botschaft in ihrem Wohnsitzland einreichen. Ist eine Einreise in mehr als zwei Schengen-Länder geplant, ist der Antrag bei der Botschaft zu stellen, in dessen Land sie die meisten Tage verbringen. Bei gleich langen Aufenthalten in den verschiedenen Staaten erfolgt der Antrag bei der Botschaft, in dessen Land sie zuerst eintreten. Das Schengen-Visum kann insbesondere für kurzfristige Aufenthalte bis zu 90 Tagen beantragt werden. Der Antrag kann bis zu sechs Monate und maximal 15 Tage vor der geplanten Reise gestellt werden, wobei die Bearbeitungszeit im Regelfall bis zu 14 Arbeitstage bis zur Entscheidung über den Antrag beträgt.

Reisen Sie dann mit einem gültigen Schengen-Visum nach Deutschland ein und ergeben sich dort Umstände, die die Erteilung eines langfristigen Bleiberecht in Aussicht stellen wie zum Beispiel eine Eheschließung mit einem deutschen Staatsbürger oder eine verbindliche Stellenzusage, ist ein Antrag auf Aufenthaltserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde zu stellen.

Das gültige Schengenvisum muss während der gesamten Antragsdauer, also von der Stellung des Antrags bis zur Erteilung des Ausnahme-Aufenthaltstitels nach § 39 Nr. 3 AufenthV bestehen. Dabei ist zu beachten, dass eine Fiktionswirkung des § 81 AufenthG nicht für Aufenthalte mit einem Schengen-Visum gilt. Das heißt, während der Beantragung des Aufenthaltstitels gilt das Visum nicht fiktiv fort oder der Aufenthalt des Antragsteller bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt.

Sonstige Grundvoraussetzungen im Überblick

Neben dem gültigen Schengen-Visum sieht die Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 3 AufenthV noch folgende weitere Voraussetzungen vor, die für die Antragsstellung zu beachten sind:

  • Es müssen die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines speziellen Aufenthaltstitels nach der Einreise in das Bundesgebiet entstanden sein. Damit sind die Voraussetzungen gemeint, die normalerweise für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug, insbesondere Ehegattennachzug oder der Beantragung einer EU-Blue Card vor der Einreise erfüllt sein müssen. Dies richtet sich nach den Vorgaben des jeweiligen zweckgebundenen Aufenthaltstitels.
  • Darüber hinaus gelten die vier regelmäßigen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Demnach muss der Lebensunterhalt gesichert (Nr. 1) und die Identität und Staatsangehörigkeit des Anspruchsstellers geklärt sein (Nr. 1a), es darf kein Ausweisungsinteresse bestehen (Nr. 2), sonstige Interessen der Bundesrepublik Deutschland durch den Aufenthalt nicht beeinträchtigt oder gefährdet sein (Nr. 3) und der Anspruchssteller muss einen anerkannten und gültigen Pass, Passersatz oder Ausweisersatz § 3 AufenthG vorweisen können (Nr. 4).
  • Die Visumsvorschriften nach § 5 Abs. 2 AufenthG werden durch die Befreiungstatbestände des § 39 AufenthV verdrängt und müssen daher grundsätzlich nicht eingehalten werden
  • Kein Ausschluss: Die Privilegierung des § 39 Nr. 3 AufenthV ist ausgeschlossen, wenn ein von Anfang an beabsichtigter Daueraufenthalt unter Umgehung der nationalen Visumsvorschriften erstrebt wurde, insbesondere wenn die Erteilungsvoraussetzungen bereits vor der Einreise mit dem Schengen-Visum vorlagen.

Insgesamt besteht zwar eine Vielzahl von Anforderungen die bei der Umwandlung eines Schengenvisums in eine Aufenthaltserlaubnis über § 39 Nr. 3 AufenthV zu beachten sind, dennoch haben Sie die grundsätzliche Möglichkeit für einen entsprechenden Erteilungsanspruch. Die wichtigste Vorgabe, die Sie beachten sollten, ist, dass die Voraussetzungen für eine der genannten zweckgebundenen Aufenthaltstitel erst nach Einreise eingetreten sind.

In jedem Fall können Ihnen unserer erfahrenen Rechtsanwälte für Ausländer- und Aufenthaltsrecht bei der Beurteilung Ihrer persönlichen Situation aushelfen und Ihnen mit der erforderlichen Expertise beraten zur Seite stehen. Sie erledigen die Kommunikation mit der Ausländerbehörde und begleiten Sie auf dem gesamten Verfahrensweg.


EU-Blue Card

Die EU-Blue Card als Aufenthaltstitel ist ebenfalls als Rechtsanspruch in § 18b AufenthG ausgestaltet, sodass auch dafür die Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 3 AufenthV eingreifen kann. Wenn also ein Ausländer mit einem Schengen-Visum nach Deutschland reist und dort mit einem abgeschlossenen, gleichwertigen Hochschulstudium einen Arbeitsvertrag oder eine verbindliche Stellenzusage erhält, die eine Beschäftigung entsprechend seiner Qualifikation zulässt, kann die EU-Blue Card als Bleiberecht im Anschluss an ein Schengen-Visum beantragt werden. Zusätzlich muss ein jährliches Mindestbruttogehalt von 55.200 Euro nachgewiesen werden, wobei auch von dieser Voraussetzungen Ausnahmen möglich sind.


Vertretung im Ausländer- und Aufenthaltsrecht

Für die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Ausnahmeregel des § 39 Nr. 3 AufenthV im Anschluss an einen Aufenthalt mit Schengen-Visum bietet Ihnen die Kanzlei Schlun und Elseven eine kompetente Betreuung während des gesamten Verfahrens. Unsere qualifizierten Rechtsanwälte haben langjährige Erfahrung mit Anträgen, Verfahren und Verhandlungen bei der Ausländerbehörde und vertreten Sie selbstverständlich auch bei verweigerter Erteilung der benötigten Aufenthaltserlaubnis. Mit Niederlassungen in Köln, Aachen und Düsseldorf und Konferenzräumen in Hamburg, Stuttgart, München, Berlin und Frankfurt können Sie unsere Unterstützung und Beratung bundesweit in Anspruch nehmen. Außerdem bieten wir unseren Mandanten für eine reibungslose Kommunikation unsere Leistungen auf Englisch und Deutsch an.