Ein kurzfristiger Aufenthalt in Deutschland, der zunächst nur zu touristischen bzw. kulturellen Zwecken angestrebt wurde, oder dem Besuch entfernter Verwandter sowie Freunden diente, kann unverhofft neue berufliche oder persönliche Perspektiven mit sich bringen. Insbesondere wenn die Aussicht auf eine Arbeitsstelle besteht oder eine Eheschließung in Deutschland geplant ist, steigt die Attraktivität eines längerfristigen Bleiberechts. Da die Beantragung einer längerfristigen Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich vor der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland erfolgen muss oder jedenfalls eine Einreise mit gültigem Visum voraussetzt, stellt sie die Frage, wie die Beantragung abläuft, wenn ein Staatsangehöriger sog. privilegierter Staaten (gemäß der Anlage II der EU-Visumsverordnung (2018/1806)) visumsfrei eingereist ist.

Sollten Sie daher ohne ein Visum nach Deutschland gereist sein und möchten einen längerfristigen, zweckgerichteten Aufenthaltstitel erwerben, dann kann dieser Artikel Ihnen Aufschluss darüber geben, wie das behördliche Verfahren abläuft, welche Aufenthaltstitel Ihnen zustehen können und welche Voraussetzungen dafür zu erfüllen sind.

Die folgenden Angaben können jedoch keine individuelle, auf Ihren besonderen Fall abgestimmte Rechtsberatung im Ausländer- und Aufenthaltsrecht ersetzen. Für eine hinreichende persönliche Unterstützung und eine ausführliche Prüfung Ihres Einzelfalls auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehen Ihnen unsere Rechtsanwälte für Ausländer- und Aufenthaltsrecht von Schlun & Elseven mit umfangreicher Expertise und langjähriger Erfahrung zur Verfügung. Wir prüfen, ob Ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, zum Familiennachzug, insbesondere dem Ehegattennachzug oder die EU-Blue Card auch nach visumsfreier Einreise zusteht.

Rechtsberatung im Ausländerrecht

Schlun & Elseven Rechtsanwälte berät Privatpersonen und Unternehmen im Einwanderungsrecht. Unsere Anwälte für Aufenthaltsrecht sind telefonisch und per E-Mail erreichbar und bieten auch Videokonferenzen an. Für weitere rechtliche Informationen besuchen Sie bitte unser Seite zum Aufenthaltsrecht.

Einreise nach Deutschland ohne Visum

Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer EU-Blue Card ist nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG grundsätzlich erforderlich, dass der Ausländer mit einem Visum eingereist ist. Das kann zum Beispiel ein Schengen-Visum für Aufenthalte mit einer Dauer bis zu 90 Tagen sein. Mit der EU-Visumsverordnung (2018/1806) wurde jedoch eine Liste von Drittländern aufgestellt, deren Staatsangehörige für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Pflicht befreit werden, beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums zu sein. Neben vielen anderen fallen darunter auch die Staatsbürger von Andorra, Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Monaco, Neuseeland, San Marino sowie den Vereinigten Staaten von Amerika. Für Sie gelten außerdem Besonderheiten bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung, was wir im Folgenden noch darstellen werden.

Die EU-Visaverordnung (2018/1806) normiert damit eine Ausnahme zum Erfordernis der Einreise mit einem Visum gemäß dem § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG. Somit ist die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis auch nach visumsfreier Einreise zu erhalten jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.


Aufenthaltserlaubnis zur längerfristigen Beschäftigung

Zur Ausübung einer längerfristigen Beschäftigung ist eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis erforderlich. Die visumsfreie Einreise ermöglicht somit ebenso wenig eine Arbeitserlaubnis, wie die Einreise mit einem Schengen-Visum. Außerdem berechtigt ein Aufenthaltstitel nur dann zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, wenn dies im AufenthG bestimmt ist oder der Aufenthaltstitel dies ausdrücklich erlaubt. Aufenthaltstitel, die eine Arbeitserlaubnis enthalten, sind unter anderen:

Ein solcher Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist in der Regel vor der Einreise nach Deutschland zu beantragen, sodass auch die notwendigen Voraussetzungen des jeweiligen Aufenthaltstitels bereits vor der Einreise vorliegen müssen. Für die Erteilung sind demnach die Botschaften und Generalkonsulate zuständig. Nach den Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit können Staatsangehörige der folgenden privilegierten Staaten einen Aufenthaltstitel auch erst nach ihrer Einreise nach Deutschland bei den deutschen Einwanderungsbehörden einholen:

  • Australien
  • Israel
  • Japan
  • Kanada
  • Republik Korea
  • Neuseeland
  • USA

Für sie besteht daher die Möglichkeit zum Beispiel visumsfrei für ein Vorstellungsgespräch nach Deutschland zu reisen und dann bei Erhalt der Beschäftigungsstelle eine notwendige Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung einzuholen.


Allgemeine Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung

Die Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit können unterschiedlich ausfallen, insbesondere bei der Beantragung einer EU-Blue Card. Für eine allgemeine Arbeitserlaubnis nach §§ 18, 18a, 18b AufenthG ist aber jedenfalls erforderlich, dass die berufliche Qualifikation oder der Hochschulabschluss in Deutschland anerkannt oder gleichwertig ist. Des Weiteren muss ein konkretes Arbeitsplatzangebot für den Tätigkeitsbereich bestehen, zu dessen Ausübung die Qualifikation bzw. der Hochschulabschluss den Ausländer befähigt. Gegebenenfalls muss zudem eine Berufsausübungserlaubnis eingeholt werden.


Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit

Darüber hinaus ist für die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung gemäß §§ 18, 18a, 18b AufenthG grundsätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit einzuholen. Die Zustimmungserteilung ist in § 39 AufenthG und den Vorgaben der Beschäftigungsverordnung geregelt und erfolgt, wenn für die Beschäftigungsstelle keine geeigneten deutschen Arbeitnehmer oder EU-Arbeitnehmer zur Verfügung stehen. Dieses Verfahren nennt sich Vorrangprüfung. Außerdem untersucht die Bundesagentur für Arbeit, ob die ausländischen Arbeitnehmer zu den gleichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden wie vergleichbare deutsche Arbeitnehmer.

Von dem Zustimmungserfordernis sind einige bestimmte Berufsgruppen ausgenommen, wie angestellte Geschäftsführer, leitende Angestellte oder wissenschaftliches Personal. Auch die Beantragung einer EU-Blue Card für hochqualifizierte Arbeitnehmer hängt grundsätzlich nicht von der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ab. In § 26 Abs. 1 BeschV ist außerdem für privilegierte Drittstaatsangehörige der Länder Andorra, Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Monaco, Neuseeland, San Marino sowie den Vereinigten Staaten von Amerika geregelt, dass die Zustimmung für eine Beschäftigung unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers erteilt werden kann. Damit soll das Verfahren für Arbeitnehmer dieser Staatsangehörigkeiten erleichtert werden, die in das Bundesgebiet einreisen um dort ihre Tätigkeit, die sie bereits im Herkunftsland ausüben, fortzuführen. Auch ein Nachweis des Arbeitsplatzangebotes ist damit im Rahmen des Antragsverfahrens nicht mehr erforderlich.

Ist im Ergebnis die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung erforderlich, kann diese auch durch den Arbeitgeber vorab bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) beantragt werden. Damit kann sichergestellt werden, dass das Antragsverfahren, welches sich durchaus über mehrere Wochen und Monate erstrecken kann, rechtzeitig vor Ablauf der 90 Tage abgeschlossen wird.

Unsere Rechtsanwälte im Ausländer und Aufenthaltsrecht von Schlun und Elseven helfen Ihnen bei Ihrer individuellen Entscheidung zum Aufenthalt in Deutschland. Mit der erforderlichen Expertise und Erfahrung stehen sie Ihnen in allen Fragestellungen bezüglich einer Arbeitserlaubnis in Deutschland beratend zur Seite, erledigen die Kommunikation mit der Ausländerbehörde und begleiten Sie auf dem gesamten Verfahrensweg.


Aufenthaltserlaubnis nach visumsfreier Einreise ohne Antragsverfahren

Im deutschen Aufenthaltsrecht besteht eine Sondervorschrift, die die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne die Einhaltung des formellen Verfahrens vor der Einreise ermöglicht. Gemäß § 39 Nr. 3 AufenthV kann ein Ausländer, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II der EU-Visumsverordnung (2018/1806) aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig in Deutschland aufhält einen Aufenthaltstitel einholen. Diese Ausnahmevorschrift ist streng eingegrenzt für die Fälle, in denen ein Rechtsanspruch auf Aufenthalt gegeben ist, die zuständige Behörde also keine Entscheidungsspielräume mehr hat. Die Voraussetzungen für den Rechtsanspruch dürfen sich jedoch erst nach der Einreise erfüllt haben. Als Aufenthaltstitel, die nach dem § 39 Nr. 3 AufenthV geltend gemacht werden können, gilt der Familiennachzug nach §§ 27 ff. AufenthG, insbesondere der Ehegattennachzug, sowie die Erteilung einer EU-Blue Card gemäß § 18b Abs. 2 AufenthG. Damit werden Drittstaatsangehörige aus den nach Anhang II der EU-Visumsverordnung (2018/1806) privilegierten Ländern die gleichen Chancen auf einen Ausnahme-Aufenthaltstitel ohne formelles Verfahren gegeben, wie Drittstaatsangehörigen, die mit einem Schengen-Visum nach Deutschland eingereist sind.

Neben anderen Voraussetzungen (diese haben wir genauer in dem entsprechenden Artikel zum Bleiberecht mit Schengenvisum hier dargestellt) müssen die Erteilungsvoraussetzungen des jeweiligen Aufenthaltstitels (Familiennachzug, Ehegattennachzug, EU-Blue Card) nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland entstanden sein. Die deutschen Gerichte vertreten teilweise noch unterschiedliche Auffassungen dazu, ob alle besonderen Erteilungsvoraussetzungen erst nach der Einreise vorliegen dürfen oder ob dies nur für das zentrale Merkmal der jeweiligen Anspruchsnorm, wie zum Beispiel die Eheschließung beim Ehegattennachzug, gilt. Dafür hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls entschieden, dass eine Eheschließung im Schengen-Raum mit anschließender Einreise nach Deutschland nicht ausreicht, sondern die Erteilung des Aufenthaltstitels vielmehr maßgeblich davon abhängt, dass im Bundesgebiet geheiratet wurde (vgl. Urteil vom 11.02.2011 – 1 C 23.09).

Letztendlich bietet der Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis über die Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 3 AufenthV nach der Einreise eine Möglichkeit, das langwierige Antragsverfahren zu vermeiden und sollte in jedem Fall in Betracht gezogen werden.


Vertretung im Ausländer- und Aufenthaltsrecht

Um nach visumsfreier Einreise die Beantragung einer gewünschten Aufenthaltserlaubnis im normalen Antragsverfahren oder über die Ausnahmevorschrift des § 39 Nr. 3 AufenthV erfolgreich zu meistern, bietet Ihnen die Kanzlei Schlun und Elseven eine kompetente Beratung zu jeglichen Fragestellungen. Unsere qualifizierten Rechtsanwälte im Ausländer und Aufenthaltsrecht haben langjährige Erfahrung mit Anträgen, Verfahren und Verhandlungen bei der Ausländerbehörde und vertreten Sie zudem selbstverständlich gerichtlich und außergerichtlich bei verweigerter Erteilung der benötigten Aufenthaltserlaubnis.