Die Untersuchungshaft ist zweifellos eine einschneidende Maßnahme, die für die Betroffenen eine enorme emotionale Belastung und rechtliche Herausforderung darstellt. Wer einer Straftat verdächtigt wird und eine polizeiliche Verhaftung oder einen möglicherweise bevorstehenden Gefängnisaufenthalt vermeiden will, sollte daher umgehend die richtigen rechtlichen Schritte einleiten. Eine Möglichkeit ist in diesem Zusammenhang die Hinterlegung einer sogenannten Sicherheitsleistung (auch Kaution genannt). Neben dieser Kaution können auch andere Bedingungen die Aussetzung der Untersuchungshaft rechtfertigen. Es bedarf also einer genauen Prüfung der individuellen Situation, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Kaution in Deutschland im konkreten Fall gegeben sind und eine Freilassung erreicht werden kann.
Das Strafverteidigerteam von Schlun & Elseven bietet Rechtsbeistand in allen Fragen rund um die Möglichkeiten einer Sicherheitsleistung, um sicherzustellen, dass unsere Mandanten die Unterstützung erhalten, die sie in einer solchen Situation benötigen. Unsere Strafverteidiger, darunter auch solche mit staatsanwaltschaftlicher Erfahrung, setzen ihr umfangreiches Fachwissen und ihre langjährige Erfahrung im Umgang mit Strafverfolgungsbehörden ein, um für Mandanten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Sicherheitsleistung: Rechtliche Grundlagen und praktische Anwendbarkeit
Die Aussetzung der Untersuchungshaft gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung wird umgangssprachlich auch als “Freilassung gegen Kaution” bezeichnet, und ihre Einzelheiten sind insbesondere in § 116a StPO geregelt. Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, wird gegen Zahlung einer angemessenen Kaution auf die Anordnung oder Aufrechterhaltung einer Festnahme verzichtet oder die Vollstreckung eines Haftbefehls ausgesetzt.
Verständnis der Sicherheitsleistung und Überlegungen im deutschen Strafrecht
Wenn eine Person dringend einer Straftat verdächtigt wird und Fluchtgefahr besteht, kann gemäß § 112 StPO Untersuchungshaft verhängt werden. Diese Haft kann das Leben des Beschuldigten stillstellen und mehrere Wochen oder Monate dauern. Allerdings muss ein Haftbefehl außer Vollzug gesetzt werden, wenn die Untersuchungshaft als unverhältnismäßig angesehen wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch weniger einschneidende Maßnahmen nach § 116 StPO der ordnungsgemäße Ablauf des Strafverfahrens und gegebenenfalls die Vollstreckung der späteren Strafe, einschließlich der Bereitstellung einer angemessenen Sicherheitsleistung, gewährleistet werden kann. Eine Sicherheitsleistung kommt ferner gemäß § 127a StPO in Betracht, wenn der dringend einer Tat Verdächtige keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt in Deutschland hat und die Voraussetzungen eines Haftbefehls nur wegen Fluchtgefahr vorliegen. In diesem Fall kann von der Anordnung oder Aufrechterhaltung der vorläufigen Festnahme abgesehen werden, wenn mit einer Freiheitsstrafe und einer freiheitsentziehenden Sicherungsmaßregel nicht zu rechnen ist. Die Kaution soll die zu erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens abdecken.
Bei der Entscheidung über die Gewährung einer Kaution werden von dem Gericht zahlreiche Faktoren sorgfältig geprüft. Dazu gehören die Schwere der mutmaßlichen Straftat, die Vorstrafen des Angeklagten, die Wahrscheinlichkeit einer Flucht und die potenzielle Gefahr für die Gesellschaft, falls der Angeklagte freigelassen wird. Darüber hinaus berücksichtigen die Gerichte die örtlichen Bindungen des Angeklagten an den Wohnort, seinen Beschäftigungsstatus, seine familiären Verpflichtungen und seine finanziellen Möglichkeiten. Das übergeordnete Ziel besteht darin, festzustellen, ob die Gewährung einer Kaution den Grundsätzen der Justiz gerecht wird, das Erscheinen des Angeklagten vor Gericht gewährleistet und die öffentliche Sicherheit schützt. Bei der Entscheidung des Gerichts über die Gewährung einer Kaution spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Dazu gehören die Umstände des Falles und die Eigenschaften des Angeklagten. Das Gericht bewertet die Beweiskraft, die Art der mutmaßlichen Straftat und etwaige mildernde oder erschwerende Umstände. Auch die Zusammenarbeit des Angeklagten mit den Strafverfolgungsbehörden, seine Bereitschaft, sich an die Kautionsbedingungen zu halten, und die Fluchtgefahr sind entscheidende Faktoren. Darüber hinaus kann das Gericht beurteilen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Angeklagte im Falle einer Freilassung gegen Kaution Zeugen beeinträchtigt oder Beweismittel manipuliert. Eine Kaution kann in Deutschland unter bestimmten Umständen verweigert werden, insbesondere wenn die Freilassung des Angeklagten mit erheblichen Risiken verbunden ist. Dazu gehören schwere Straftaten, die mit Gewalt verbunden sind, Terrorismus oder organisierte Kriminalität sowie, ob der Beschuldigte in der Vergangenheit vor der Justiz geflohen ist oder weitere Straftaten begangen hat, während er auf Kaution frei war. Darüber hinaus kann eine Kaution abgelehnt werden, wenn es stichhaltige Beweise dafür gibt, dass der Angeklagte eine Gefahr für Zeugen, Opfer oder die Allgemeinheit darstellt.
Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden?
Zunächst ist durch erfahrene Strafverteidiger zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Festnahme oder Inhaftierung vorliegen. Bei Untersuchungshaft kann eine Haftprüfung, d.h. eine gerichtliche Überprüfung, ob der Haftbefehl aufzuheben oder seine Vollstreckung auszusetzen ist, beantragt werden (§ 117 StPO).
Insbesondere ist zu prüfen, ob anstelle der polizeilichen Festnahme oder der Untersuchungshaft weniger einschneidende Maßnahmen in Betracht zu ziehen sind, um dem Betroffenen eine möglicherweise unnötige Inhaftierung zu ersparen. Solche milderen Mittel sind beispielsweise die Verpflichtung, sich regelmäßig bei einer zuständigen Stelle zu melden, der Erlass von Aufenthaltsbeschränkungen oder die Zahlung einer Sicherheitsleistung. Der Haftrichter kann auch von Amts wegen über die Aussetzung der Vollziehung eines Haftbefehls gegen Zahlung einer Kaution entscheiden. Möchte der Beschuldigte jedoch eine Sicherheitsleistung festsetzen lassen, sollte er selbst einen Antrag stellen.
Wenn die oben genannten Voraussetzungen des § 127a StPO bei der Festnahme erfüllt sind, können die Beschuldigten selbst zwischen der Sicherheitsleistung und der Vorführung vor den Richter entscheiden. Entscheiden sie sich gegen eine Kaution, müssen sie bis zum Ablauf der Vorführungsfrist, also spätestens am Tag nach der Festnahme, dem Richter vorgeführt werden. Der Haftrichter entscheidet dann, ob die Freilassung gewährt wird oder ein Haftbefehl erlassen wird.
Rechtsberatung für Beschuldigte: Auflagen und Bedingungen
Wann muss ein Richter einen Haftbefehl gegen Sicherheitsleistung aussetzen?
Der Richter muss einen Haftbefehl gegen Sicherheitsleistung aussetzen, wenn er sich ausschließlich auf den Haftgrund und die Fluchtgefahr stützt und wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass sich die betreffende Person dem Strafverfahren nicht entziehen wird. Der Haftgrund der Fluchtgefahr ist gegeben, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte flieht, höher ist als die, dass er sich dem Verfahren stellt. In diesem Zusammenhang sind die Straferwartung, mögliche Fluchtvorbereitungen, soziale Bindungen, sonstige persönliche Umstände und die Auslandsbeziehungen des Beschuldigten zu berücksichtigen. Bei im Ausland lebenden Personen wird daher häufiger Fluchtgefahr angenommen. Bei der Prognose, ob die Kaution den Betroffenen aller Voraussicht nach von der Flucht abhalten wird, sind die Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Dabei sind insbesondere die persönlichen Verhältnisse, die Erwartung der Strafe, die Folgen der Tat und die Dauer der Untersuchungshaft zu berücksichtigen. Ob eine Sicherheitsleistung möglich und ratsam ist, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalles ab.
FAQs | Aussetzung der Untersuchungshaft gegen Sicherheitsleistung
Die Sicherheit kann durch Hinterlegung von Bargeld, Wertpapieren, einem Pfand oder einer Bürgschaft geeigneter Personen geleistet werden (§ 116a Abs. 1 Satz 1 StPO). Die Höhe und Art der Sicherheitsleistung bestimmt der Richter nach seinem Ermessen (§ 116a Abs. 2 StPO). Die Kaution muss geeignet sein das Strafverfahren zu sichern. Der Haftrichter muss berücksichtigen, dass Art und Höhe der Kaution einen psychischen Zwang auf den Beschuldigten ausüben, sich am Verfahren zu beteiligen und eine mögliche Freiheitsstrafe zu akzeptieren. Maßgeblich für die Entscheidung sind daher die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten, das Gewicht der zu verfolgenden Straftat und die für oder gegen eine Flucht sprechenden Umstände. Auch ein Dritter kann eine Sicherheit leisten. Dies ist allerdings nur dann zulässig, wenn davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte den Dritten nicht durch Verwirkung der Sicherheit schädigen wird (z.B. durch Flucht vor den Ermittlungen). Dies ist häufig der Fall, wenn Familienangehörige die Kaution stellen.
Die Kaution wird zurückerstattet, wenn ein Freispruch ergeht oder das Verfahren eingestellt wird. Außerdem wird die Kaution freigegeben, wenn der Haftbefehl aufgehoben oder die Untersuchungshaft doch vollstreckt wird. Die Kaution wird auch zurückgegeben, wenn die Strafe oder der Haftbefehl vollstreckt wird. Wird eine Geldstrafe verhängt, wird die Kaution mit dieser und den Verfahrenskosten verrechnet. Ein Überschuss wird dann zurückgezahlt. Die noch nicht freigegebene Kaution verfällt der Staatskasse, wenn sich der Beschuldigte dem Ermittlungsverfahren oder dem Antritt anerkannten Freiheitsstrafe oder der freiheitsentziehenden Maßregel entzieht (§ 124 Abs. 1 StPO). Um die Kaution zurückzuerhalten, müssen daher die entsprechenden Auflagen erfüllt werden.
Wohnt der Beklagte nicht in der Bundesrepublik Deutschland, muss er einen Zustellungsbevollmächtigten benennen. Dies ist eine Person, die im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnt, welches zur Entgegennahme verfahrensrelevanter Schriftstücke befugt ist. Damit sollen Schwierigkeiten bei der Zustellung im Ausland vermieden werden.
Verstößt ein Beschuldigter gegen die Kautionsauflagen, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Das Gericht kann die Kaution widerrufen und einen Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen. Außerdem kann der Beschuldigte wegen Verstoßes gegen die Kautionsauflagen mit neuen strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert werden. Je nach Schwere des Verstoßes und den Umständen des Falles kann der Beschuldigte bis zum Abschluss des Strafverfahrens in Untersuchungshaft genommen werden. Es ist wichtig, dass die Beschuldigten die Kautionsbedingungen strikt einhalten, um weitere rechtliche Komplikationen zu vermeiden und ihre Freiheit bis zum Prozess zu sichern.
Die spezifischen Kautionsanforderungen können je nach Art der Straftat oder der Umstände des Falles variieren. Gerichte können strengere Kautionsauflagen oder höhere Kautionsbeträge für schwerere Straftaten oder Fälle mit höherer Fluchtgefahr oder Gefahr für die Gesellschaft anordnen. Umgekehrt können die Kautionsbedingungen bei weniger schweren Straftaten oder in Fällen, in denen der Angeklagte ein geringeres Fluchtrisiko darstellt, weniger streng sein. Darüber hinaus können bestimmte Umstände wie frühere Straftaten oder die Beteiligung an der organisierten Kriminalität die Entscheidung des Gerichts über die Kautionsauflagen beeinflussen.
Ja, eine Kaution kann für Personen, gegen die ein Auslieferungsverfahren läuft, gewährt werden, doch hängt dies von verschiedenen Faktoren und den besonderen Umständen des jeweiligen Falls ab. Die Entscheidung über die Gewährung einer Kaution in Auslieferungsfällen liegt im Ermessen des Gerichts und wird von Erwägungen wie der Schwere der vorgeworfenen Straftat, der Beweiskraft der Beweise gegen die Person und Wahrscheinlichkeit einer Flucht beeinflusst. Darüber hinaus kann das Gericht prüfen, ob die Gewährung einer Kaution dem Interesse der Justiz dient und das Erscheinen der Person zu den Auslieferungsanhörungen gewährleistet.
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