Mit dem vollzogenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union stehen britische Staatsangehörige, die in Deutschland arbeiten, vor einigen offenen Fragen. Diese betreffen zumeist die Auswirkungen des Austrittsabkommens auf bereits bestehende Aufenthaltsrechte, welche bis zum Austritt regelmäßig die Erwerbstätigkeit mit einschlossen.
Um unseren britischen Mandanten hier Klarheit zu verschaffen, bietet die Kanzlei Schlun & Elseven einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Rechtsbeistand an. Unsere Anwälte für Aufenthaltsrecht sorgen für die Klärung aller offenen Fragen mit den zuständigen Behörden und übernehmen für Sie (bzw. Ihre Mitarbeiter) ggf. die Beantragung der benötigten Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Als multidisziplinäre Kanzlei unterstützen wir Sie selbstverständlich auch in allen arbeits- und unternehmensrechtlichen Angelegenheiten, damit Sie sich gänzlich auf Ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Wir setzen uns für Sie ein!
Brexit: aktueller Stand
Seit dem 31. Januar 2020 ist Großbritannien nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union. Mit dem offiziellen Austritt ist das zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union ausgehandelte Austrittsabkommen in Kraft getreten. Dieses sah einen Übergangszeitraum bis zum 31. Dezember 2020 vor. Großbritannien war somit seitdem nicht mehr in den Organen, Einrichtungen oder Ämtern der Europäischen Union vertreten, hatte aber bis Ende des Übergangszeitraums weiterhin das EU-Recht anzuwenden. Der inzwischen als grundsätzlich rechtlich einzuordnende Drittstaat ist daher zunächst Teil des Binnenmarktes und der Zollunion geblieben. Mit dem Ende des Übergangszeitraums fällt für britische Staatsbürger nun endgültig das Privileg der Unionsbürger weg, sich auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu berufen.
Im Austrittsabkommen wurde jedoch zusätzlich vereinbart, dass die bereits erworbenen Rechte von innerhalb Deutschlands lebenden britischen Staatsangehörigen auf Lebenszeit geschützt werden sollen. So besteht für diese die Möglichkeit, ihre Arbeit, das Studium oder den Alltag unabhängig vom Brexit weiterzuführen. Für den Erhalt bestehender oder neuer Arbeitserlaubnisse ist daher ein genaues Augenmerk auf die Regelungen des Austrittsabkommens zu werfen.
Im Überblick ist für britische Arbeitnehmer folgendes zu beachten:
- Bei dem Erhalt einer Arbeitserlaubnis wird zwischen den britischen Arbeitnehmern unterschieden, die vor dem 31. Dezember 2020 freizügigkeitsberechtigt in Deutschland gearbeitet haben und denen, die erst nach diesem Datum zur Erwerbstätigkeit nach Deutschland einreisen wollen.
- Bereits bestehende und durch das Austrittsabkommen gesicherte Aufenthaltsrechte mit dem Recht zur Erwerbstätigkeit müssen bis zum Juni 2021 bei der zuständigen deutschen Behörde bestätigt werden.
- Es bestehen Sonderregelungen zu Grenzgängern, entsandten Dienstleistern, Soldaten und Selbständigen.
- Zur Erwerbstätigkeit einreisende Briten sind ab dem 1. Januar 2021 hinsichtlich der Arbeitserlaubnis wie andere Drittstaatsangehörige zu behandeln, haben aber Vorteile bei dem grundsätzlichen vorherigen Visa-Erfordernis.
- Geschäftsreisen und temporäre Entsendungen von hochqualifizierten Arbeitnehmern wurden beim Erfordernis für ein Visa zum Kurzaufenthalt gesondert behandelt.
Für weitergehende Fragen und Unterstützung kontaktieren Sie uns gerne persönlich. Mit unseren Rechtsanwälten für Aufenthalts- und Ausländerrecht steht Ihnen zur Klärung aller Unsicherheiten bezüglich des Brexits eine qualifizierte rechtliche Vertretung zur Verfügung.
Erhalt bestehender Rechte durch Austrittsabkommen
Britische Arbeitnehmer, die unter das Austrittsabkommen fallen, sind auch ohne entsprechendes Dokument berechtigt, weiterhin in Deutschland zu arbeiten.
Dafür gelten grundsätzlich folgende Voraussetzungen:
- Sie müssen als britischer Staatsangehöriger (ohne weitere Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates) am Dezember 2020 in Deutschland wohnen und weiterhin wohnen bleiben. Ihr Lebensschwerpunkt muss demnach bereits vor dem Austritt in Deutschland sein. Zu beachten ist, dass eine Person, zum Beispiel saisonbedingt, Lebensschwerpunkte in mehreren Ländern haben kann.
- Wenn Sie sich am 31. Dezember 2020 nicht in Deutschland aufgehalten haben, muss ein unschädlicher Abwesenheitszeitraum vorgelegen haben.
- Des Weiteren müssen Sie am 31. Dezember 2020 freizügigkeitsberechtigt gewesen sein.
Wer als britischer Arbeitnehmer diese Voraussetzungen erfüllt, kann sich auf den Fortbestand seines bisher bestehenden Freizügigkeitsrechts berufen. Dieses Recht wird durch das Austrittsabkommen auch für die Zeit nach der Brexit-Übergangsphase ab dem 01. Januar 2021 abgesichert.
Folgende Rechte der britischen Arbeitnehmer in Deutschland werden in dem Art. 24 des Austrittsabkommens festgehalten:
- das Recht, nicht aus Gründen der Staatsangehörigkeit in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen diskriminiert zu werden;
- das Recht, nach den für die Staatsangehörigkeit des Aufnahme- oder des Arbeitsstaats geltenden Vorschriften eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und auszuüben;
- das Recht auf Hilfe durch die Arbeitsämter des Aufnahme- oder des Arbeitsstaats, so wie sie den eigenen Staatsangehörigen angeboten wird;
- das Recht auf Gleichbehandlung in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, im Falle von Arbeitslosigkeit, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung;
- das Recht auf soziale und steuerliche Vergünstigungen;
- kollektive Rechte;
- die Rechte und Vergünstigungen, die inländischen Arbeitnehmern hinsichtlich einer Wohnung gewährt werden;
- das Recht ihrer Kinder, unter den gleichen Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Aufnahme- oder des Arbeitsstaats am allgemeinen Unterricht sowie an Lehrlings- und Berufsausbildungen teilzunehmen, wenn diese Kinder in dem Hoheitsgebiet wohnen, in dem der Arbeitnehmer arbeitet.
Für weitere Informationen verweisen wir auf die Informationsseite zum Aufenthaltsrecht von britischen Staatsangehörigen. Für eine individuelle Einschätzung kontaktieren Sie unsere Rechtsanwälte für Aufenthalts- und Ausländerrecht.
Grenzgänger nach dem Brexit
Britische Staatsangehörige, die am 31. Dezember 2020 nicht in Deutschland wohnen, aber dort als Arbeitnehmer (oder auch im Beamtenverhältnis) arbeiten und nicht lediglich zur Erbringung einer Dienstleistung für einen ausländischen Arbeitgeber entsandt sind, fallen unter den Begriff „Grenzgänger“. Die Rechte von Grenzgängern entsprechen den bereits genannten Rechten von Arbeitnehmern mit Aufenthaltsrecht und werden ebenfalls durch das Austrittsabkommen geschützt. Damit haben sie weiterhin das Recht, in Deutschland zu arbeiten, ohne dort zu wohnen. Dies gilt außerdem für in Deutschland niedergelassene Selbständige. Ein abhängig beschäftigter Grenzgänger behält diese Rechte nach den Vorgaben des Austrittsabkommens auch beim Eintreten der folgenden Umstände:
- Wenn er wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
- wenn er sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt;
- wenn er sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung stellt; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monate aufrechterhalten;
- wenn er eine Berufsausbildung beginnt; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft setzt voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
Es ist für britische Staatsangehörige, die sich auf die Grenzgänger-Regelung berufen wollen, besonders wichtig zu beachten, dass dafür eine spezielle Erlaubnis bei der für ihren Arbeitsort zuständigen deutschen Ausländerbehörde beantragt wird.
Entsandte Dienstleister
Auf außerordentliche Veränderungen der Arbeits- und Aufenthaltsrechte müssen sich insbesondere britische Staatsangehörige einstellen, die von einem britischen Unternehmen zur Erbringung von Dienstleistungen nach Deutschland entsandt wurden. Wenn diese entsandten Dienstleister in Deutschland wohnen aber nicht anderweitig freizügigkeitsberechtigt sind, fallen sie grundsätzlich nicht unter das Austrittsabkommen und können daraus keine Aufenthaltsrechte und Arbeitserlaubnisse geltend machen. Bis zum 31. März 2021 können sie sich noch in Deutschland aufhalten und ihre bisherige Tätigkeit ausüben. Doch wollen die entsandten Dienstleister auch nach diesem Datum in Deutschland leben, muss eine Aufenthaltsberechtigung aus dem deutschen Aufenthaltsrecht bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden. Eine solche Aufenthaltserlaubnis erfordert das Vorliegen weiterer Grüne, die zum Aufenthalt in Deutschland berechtigen und kann im Inland beantragt werden.
Neben diesem Grundsatz gibt es für in Deutschland wohnhafte entsandte Dienstleister ausnahmsweise Rechte aus dem Austrittsabkommen, wenn:
- ein gesicherter Lebensunterhalt mit Krankenversicherungsschutz vorliegt und ab dem 1. Januar 2021 bestehen bleibt,
- Sie am 31. Dezember einen Nebenjob bei einem in Deutschland oder in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässigen Unternehmen ausüben,
- Sie neben Ihrer Dienstleistungstätigkeit in Deutschland studieren oder
- Sie mit einem Unionsbürger verheiratet sind und daraus Freizügigkeitsrechte ableiten.
Eine weitere Möglichkeit die Stellung der entsandten Dienstleister im Hinblick auf Arbeitserlaubnisse und Aufenthaltsrechte zu verbessern, ist die Verlagerung des Unternehmensstandortes des Arbeitgebers in die EU. Denn ist das entsendende Unternehmen in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässig, besteht die Möglichkeit für entsandte britische Staatsangehörige, sich auf die sogenannte Vander-Elst-Erlaubnis zu berufen und so weiter in Deutschland arbeiten zu können. Eine umfangreiche Betreuung und rechtliche Unterstützung bei diesem Vorgang wird durch unsere Rechtsanwälte für Gesellschaftsrecht gewährleistet. Hier können Sie sich bereits einen Überblick darüber machen, was Unternehmen für eine in Betracht kommende Verlagerung des Standortes beachten müssen.