Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag auf Eckpunkte einer neuen Migrationspolitik verständigt. Dazu gehört die Zurückweisung von Asylbewerbern an den Grenzen, die allerdings in Abstimmung mit den europäischen Nachbarstaaten erfolgen soll, ebenso wie der Fortbestand von Binnengrenzkontrollen. Der Familiennachzug soll weiter eingeschränkt werden. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht ebenso wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sollen allerdings in unveränderter Form bestehen bleiben. Darüber hinaus sind sich die Koalitionsparteien darüber einig, dass ausländische Staatsangehörige, die wegen schwerer Straftaten zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, grundsätzlich ausgewiesen werden sollen.

Als interdisziplinäre Kanzlei mit internationaler Ausrichtung bietet Schlun & Elseven fachkundige Rechtsberatung und Vertretung in allen Angelegenheiten des Staatsangehörigkeitsrechts, Aufenthaltsrechts und Strafrechts an. Unsere Anwälte sorgen dafür, dass unsere Mandanten stets im Bilde über die aktuelle Rechtslage sind und bei Bedarf fachkundigen Rechtsbeistand erhalten.

Fortbestand des neuen Staatsangehörigkeitsrechts | Einbürgerung | Doppelte Staatsbürgerschaft

Mit dem neuen Koalitionsvertrag beschließt Schwarz-Rot, an dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht in größtenteils unveränderter Form festzuhalten. Die zuvor eingeführte Möglichkeit, sich nach drei Jahren bei herausragender Integration (z. B. durch gute Sprachkenntnisse, berufliche Leistungen oder ehrenamtliches Engagement) einzubürgern, soll allerdings wieder abgeschafft werden. Diese Regelung galt als „Turbo-Einbürgerung“ und stieß insbesondere in der Union auf Kritik.

Die allgemeine Aufenthaltsdauer für die Einbürgerung bleibt nach wie vor auf fünf Jahre verkürzt (zuvor acht Jahre). Für besonders gut integrierte Personen kann die Einbürgerung weiterhin nach drei Jahren erfolgen, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen.

Die Möglichkeit, die ursprüngliche Staatsangehörigkeit bei der Einbürgerung durch einen Doppelpass zu behalten, soll weiterhin bestehen. Hier bleibt allerdings nach wie vor Voraussetzung, dass auch das Herkunftsland die doppelte Staatsbürgerschaft zulässt.

Die ursprünglich diskutierte Möglichkeit, eingebürgerten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit in bestimmten Fällen die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, wurde nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Stattdessen wird nun geprüft, ob es verfassungsrechtlich möglich ist, Personen, die zur Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, falls sie eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen.

Die Regelung, dass in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sich nach Erreichen der Volljährigkeit für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen (Optionspflicht), wurde nicht geändert.

Als interdisziplinäre Kanzlei mit einem Schwerpunkt im Staatsangehörigkeitsrecht beraten wir Sie gerne zu den Anforderungen einer Einbürgerung.


Fachkräfteeinwanderung | Bleiberecht für Beschäftigte

Laut dem Koalitionsvertrag soll die Einwanderung und Integration von Fachkräften gestärkt werden. Zu diesem Zweck soll eine „Work-and-stay-Agentur“ ins Leben gerufen werden. Damit will man für Fachkräfte aus dem Ausland Anreize schaffen, sich in Deutschland niederzulassen, um eine Beschäftigung aufzunehmen.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen einigte man sich auch auf einen Kompromiss in Bezug auf das sog. Chancen-Aufenthaltsrecht: Geduldete, die seit mindestens vier Jahren in Deutschland leben, einer Arbeit nachgehen, Deutsch sprechen, straffrei geblieben sind, als integriert gelten und deren Identität geklärt ist, sollen einen befristeten Aufenthaltstitel erhalten.

Die Umsetzung des Chancen-Aufenthaltsrechts bleibt allerdings nach wie vor komplex und ist von den konkreten individuellen Umständen abhängig. Unsere Anwälte für Aufenthalts- und Ausländerrecht klären Interessierte gerne über die derzeit geltenden Anforderungen auf.


Begrenzung des Familiennachzugs

Im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD sind mehrere Änderungen im Bereich des Familiennachzugs vorgesehen, die insbesondere subsidiär Schutzberechtigte betreffen.

Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, der seit 2016 ausgesetzt war, wird nun wieder ermöglicht. Ab dem 1. August 2025 ist ein monatliches Kontingent von 1.000 Personen vorgesehen. Dieses Kontingent gilt für die Kernfamilie, einschließlich Ehepartnern und minderjährigen Kindern. Neu ist, dass auch minderjährige Geschwister nachgezogen werden können.

Die bestehende Härtefallregelung im Aufenthaltsgesetz bleibt erhalten. Sie ermöglicht es, dass in besonders dringenden humanitären Fällen auch über das Kontingent hinaus Familienangehörige nach Deutschland nachziehen können. Wichtig ist, dass diese Härtefälle nicht auf das monatliche Kontingent angerechnet werden. Es ist geplant, diese Zahl in den kommenden Jahren schrittweise zu erhöhen, um den Familiennachzug langfristig zu erleichtern.

Wenn Sie weitere Informationen zu den spezifischen Voraussetzungen der Familienzusammenführung oder dem Antragsverfahren wünschen, stehen Ihnen unsere Anwälte für Aufenthaltsrecht gerne zur Verfügung.


Fortbestand des Grundrechts auf Asyl

In ihrem Wahlprogramm hatte die Union „faktischen Aufnahmestopp“ und eine streng reglementierte Aufnahme von Geflüchteten ausschließlich nach Kontingenten gefordert. Es ist allerdings nicht nur dem Verhandlungsgeschick der SPD zu verdanken, dass das Grundrecht unangetastet bleibt. Dafür sprachen gleich zwei Gründe: Zum einen hätte sich eine Änderung des Grundgesetzes in diesem Bereich kaum ausgewirkt. Die Anzahl der Asylbewerber, denen Schutz auf Grundlage des Art. 16a GG gewährt wird, ist seit Jahren gering. Zum anderen bliebe Deutschland selbst bei einer Grundgesetzänderung an die Genfer Flüchtlingskonvention gebunden, sodass eine solche Änderung ins Leere liefe.

Allerdings soll künftig in Asylverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz durch den Beibringungsgrundsatz ersetzt werden. Eine Änderung mit weitreichenden Folgen.

Im Asylrecht gilt derzeit der sogenannte Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als auch die Verwaltungsrichter verpflichtet sind, eigenständig Nachforschungen anzustellen, um den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Eine solche Vorgehensweise stellt nach Meinung von Experten die Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit des Verwaltungshandelns sicher.

Im Gegensatz dazu steht der sogenannte Beibringungsgrundsatz, der bislang nur im Zivilrecht angewendet wird. Hier bestimmen die Beteiligten selbst durch ihre Aussagen und Unterlagen, welche Informationen in das Verfahren einfließen und worüber entschieden wird.

Der neue Koalitionsvertrag legt fest, dass abgelehnte Asylbewerber im Rahmen der sog.  “Rückführungsoffensive” deutlich schneller Deutschland verlassen sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich Schwarz-Rot darauf verständigt, sämtliche dem Staat zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen. Zum einen sollen die Kapazitäten für Abschiebehaft deutlich ausgeweitet, zum anderen der rechtliche Beistand in Form eines Pflichtverteidigers vor Abschiebungen abgeschafft werden. Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern deutlich intensiviert werden. Abschiebungen soll es auch nach Afghanistan und Syrien geben. Airlines sollen zum Transport verpflichtet werden.


Ausweisung von ausländischen Straftätern

Die Union hatte in ihrem Fünf-Punkte Plan gefordert, dass Straftäter “spätestens nach der zweiten Straftat” ausgewiesen werden. Das Aufenthaltsgesetz in seiner derzeitigen Version sieht allerding die Möglichkeit vor, einen Straftäter bereits bei der Erstbegehung einer Straftat auszuweisen. Dabei ist folglich nicht die Häufigkeit ausschlaggebend, sondern vielmehr die Schwere der begangenen Tat.

Bei der Abwägung findet auch die individuelle Situation des Täters Berücksichtigung, so z.B. die Frage, ob der Betroffene Kinder hat. Die Ausweisung allein von der Anzahl der Straftaten abhängig zu machen, widerspricht allerdings einem der Grundprinzipien unseres Rechtssystems, wonach einer so schwerwiegenden Maßnahme wie Ausweisung grundsätzlich einer Einzelfallprüfung vorausgehen muss.

Laut dem neuen Koalitionsvertrag sollen nun ausländische Staatsangehörige, die wegen schwerer Straftaten zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, in der Regel ausgewiesen werden. Folglich bringt die Vereinbarung realiter kaum rechtliche Neuerungen.

Personen, die sich mit dem Vorwurf einer Straftat konfrontiert sehen und gegebenenfalls um den Verlust ihrer Aufenthaltserlaubnis fürchten, sollten unbedingt einen erfahrenen Strafverteidiger zurate ziehen. Unsere Kanzlei bietet in diesem Zusammenhang umfassenden Rechtsbeistand im Strafrecht an.