Der Verlust eines nahen Angehörigen bringt nicht nur emotionale Belastungen mit sich, sondern auch rechtliche, finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten in Bezug auf die Erbschaft. Der Erbe tritt automatisch – durch Testament oder im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge – vollständig in die Position des Erblassers ein. Mit der Konsequenz, dass neben den Vermögenswerten ebenfalls die Schulden, die der Erblasser zu Lebzeiten angehäuft hat, vererbt und vom Erben getilgt werden müssen. Bei einer Überschuldung des Nachlasses bleibt oft nichts anderes übrig, als die Annahme der Erbschaft zu verweigern und diese rechtswirksam auszuschlagen.
Um unseren Mandanten in einer solchen Situation die benötigte Unterstützung zu gewährleisten, bietet Schlun & Elseven einen gleichermaßen kompetenten wie engagierten Rechtsbeistand an. Unsere Anwälte für Erbrecht erklären Ihnen gerne, wann die Erbausschlagung sinnvoll ist und was bei deren Umsetzung zu beachten ist. Dabei werden Ihnen auch Möglichkeiten aufgezeigt, wie die Erbschaft nach einer unbewussten und ungewollten Annahme rechtswirksam ausgeschlagen bzw. wie die Ausschlagung rückgängig gemacht werden kann und welche Alternativen hierzu noch bestehen. Ganz gleich, für welche Lösung Sie sich am Ende entscheiden, wir sorgen dafür, dass Sie umfassend über Ihre Rechte und Handlungsoptionen als Erbe informiert sind.
Gründe für die Ausschlagung einer Erbschaft
Grundsätzlich ist niemand dazu verpflichtet, gegen den eigenen Willen zu erben. Dies ist deswegen besonders wichtig, weil der Erbe ohne sein Dazutun oder nicht selten auch unwissentlich erbt. Die Erbschaft des Erblassers geht kraft Gesetzes durch Testament, Erbvertrag oder die gesetzliche Erbfolge zunächst nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vollständig auf den Erben über. Dabei erhält der Erbe nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden und andere Verbindlichkeiten des Verstorbenen. Diese muss er grundsätzlich auch aus seinem Privatvermögen begleichen. Der Erbe haftet somit zunächst nicht bloß mit dem Erbvermögen.
Eine Erbausschlagung ist demnach sinnvoll, wenn der Nachlass definitiv überschuldet ist. Weitere Gründe für die Ausschlagung der Erbschaft können ein festgefahrener Streit innerhalb der Erbengemeinschaft oder die drohende Pfändung des Erbteils durch eigene Gläubiger sein. Um festzustellen, ob der Nachlass überschuldet ist, sollten Sie sich als Erbe schnell einen ausführlichen Überblick über die Erbschaft verschaffen. Dabei sind alle Bestandteile des Nachlasses gegenüberzustellen. Dazu gehören Wertgegenstände, Grundstücke, Bankguthaben, Wertpapiere, aber auch Kredite, Unterhaltsrückstände, Pflichtteilsansprüche, Bestattungskosten sowie die ggf. hinzukommenden Kosten für eine Testamentseröffnung oder Nachlassverwaltung.
Nach erfolgreicher Ausschlagung der Erbschaft geht diese, mitsamt der Schulden, auf die nächste Person in der Erbfolge über. Demnach sollte darauf geachtet werden, dass Sie die Erbschaft auch für Ihre minderjährigen Kinder mit ausschlagen.
Erbausschlagung: Das sollten Sie wissen
Nach § 1943 BGB kann der Erbe die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist. Mit dem Ablauf der Ausschlagungsfrist gilt die Erbschaft automatisch als angenommen. Somit muss für eine erfolgreiche Erbausschlagung nicht bloß auf Form und Frist geachtet werden, sondern es müssen zudem Missverständnisse und Konflikte vermieden werden, die eine Annahme der Erbschaft andeuten könnten. Denn grundsätzlich kann eine Annahme der Erbschaft auch schon bei einem schlüssigen Handeln vorliegen. Damit wird oft unbewusst die wirksame Ausschlagung der Erbschaft vereitelt.
Form und Frist
Die Erbausschlagung muss form- und fristgerecht umgesetzt werden. Nach § 1944 BGB kann die Ausschlagung nur binnen sechs Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erlangt. Ist die Erbfolge durch Testament des Erblassers eingetreten und hat er dieses Testament bei Gericht hinterlegt, erhalten die Erben ein Schreiben vom Nachlassgericht. Dieses vermittelt die nötige Kenntnis vom Erbfall und setzt die Frist in Gang. Bei gesetzlicher Erbfolge beginnt die Frist schon bei bloßer Kenntnis vom Tode des Erblassers zu laufen. Eine längere Frist von sechs Monaten statt sechs Wochen besteht, wenn der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz im Ausland gehabt hat oder der ausschlagende Erbe sich bei Beginn der Frist im Ausland aufhielt. Für den nachrückenden Erben beginnt dann die Ausschlagungsfrist von Neuem.
Die Form der Erbausschlagung ist in § 1945 BGB normiert. Danach erfolgt die Ausschlagung durch Erklärung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen Wohnsitz hatte. Die Erklärung ist persönlich durch den Erben zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form durch einen Notar abzugeben. Ein einfacher Brief genügt jedenfalls nicht.
Wie Sie Konflikte vermeiden
Wurde der Entschluss gefasst, das Erbe auszuschlagen ist einiges zu beachten, um Konflikte zu vermeiden und die Erbausschlagung erfolgreich abwickeln zu können. Der Erbe sollte darauf achten, alles zu unterlassen, was darauf hindeuten könnte, dass er die Erbschaft angenommen hat oder annehmen will. Darunter fällt sowohl das Verfügen über Nachlassgegenstände als auch konkludentes Auftreten als deren neuer Eigentümer. Der Erbe kann insbesondere nicht einzelne Vermögenswerte aus dem Nachlass aussuchen und einzelne Verpflichtungen ablehnen. Die Ausschlagung bezieht sich immer auf das gesamte Erbe bzw. den gesamten Erbteil. Bringt der Erbe also in irgendeiner Weise schlüssig zum Ausdruck, dass er Rechtsnachfolger des Erblassers werden möchte, kann darin eine Annahme der Erbschaft gesehen werden. Dies bewirkt, dass eine Ausschlagung der Erbschaft grundsätzlich ausgeschlossen ist.
Besonderes Konfliktpotenzial bietet die zur Erforschung des Nachlasses erforderliche Auskunft bei der Bank des Erblassers. Für eine Auskunft über die Kontoverhältnisse des Verstorbenen fordern Banken grundsätzlich die Vorlage der Sterbeurkunde und/oder des Erbscheins. Ein solcher Erbschein muss zunächst beantragt werden, was für den ausschlagenden Erben problematisch wird. Denn mit der Beantragung des Erbscheins wird durch den Erben schlüssig erklärt, er wolle die Erbschaft annehmen. Dies führt dazu, dass eine Erbausschlagung nach § 1943 BGB nicht mehr möglich ist. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil 2013 (Az. XI ZR 401/12) eine Lösung für dieses Problem gefunden und herausgestellt, dass Geldinstitute bei der Auskunftsanfrage nicht auf die Vorlage eines Erbscheins bestehen können. Ausreichend sei es, dass Erben ihre Erbenstellung gegenüber der Bank mit der Sterbeurkunde oder anderen Mitteln nachweisen. Vorbeugend kann der Erblasser dem Erben auch eine Kontovollmacht oder Vorsorgevollmacht erstellen, die über den Tod hinaus gehen soll.
Ausschlagung nach Annahme der Erbschaft
Hat der Erbe die Erbschaft angenommen und erhält er danach neue Informationen über die geerbten Schulden des Erblassers, besteht oft nachträglich das Bedürfnis die Erbschaft auszuschlagen. Gleiches gilt beim Ablauf der Ausschlagungsfrist. Grundsätzlich ist nach der Annahme eine Ausschlagung der Erbschaft nicht mehr möglich (vgl. § 1943 BGB). Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft unter bestimmten Umständen innerhalb von sechs Wochen anzufechten und damit das Erbe abzulehnen. Ein Anfechtungsgrund liegt z.B. dann vor, wenn der Erbe davon ausging, dass der Nachlass schuldenfrei oder nicht überschuldet war und somit nichts von einem hohen Kredit des Erblassers wusste. Wann ein Anfechtungsgrund vorliegt und wann nicht, hängt immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Daher ist zu empfehlen, sich mit diesen Fragen bezüglich einer Anfechtung der Annahme der Erbschaft an einen qualifizierten Rechtsanwalt für Erbrecht zu wenden.
Ausschlagung rückgängig machen
Auch im umgekehrten Fall, dass nachträglich einige nicht unerhebliche Vermögenswerte im Nachlass aufgedeckt werden, besteht die Möglichkeit einer Anfechtung. Der Erbe kann die Ausschlagung gemäß § 1954 BGB durch Anfechtung innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis vom Anfechtungsgrund rückgängig machen. Die Anfechtung der Ausschlagung gilt dann gemäß § 1957 BGB als Annahme der Erbschaft. Ein Anfechtungsgrund besteht nicht schon dann, wenn der Erbe die Nachlassgegenstände lediglich falsch bewertet hat. Es müssen ihm gänzlich neue Tatsachen in Bezug auf das Nachlassvermögen vorliegen. Auch die Anfechtung der Erbausschlagung richtet sich demnach nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls.
Alternativen zur Erbausschlagung
Nicht nur die Erbausschlagung bietet Schutz vor der persönlichen Haftung des Erben gegenüber den Gläubigern des Erblassers. Es bestehen weitere Möglichkeiten, die finanziellen Nachteile einer Erbschaft einzudämmen. Sollte der Nachlass außerdem unübersichtlich und damit nicht klar sein, was an Vermögen und Schulden vorhanden ist, können Alternativen zur Ausschlagung der Erbschaft vorteilhafter sein. Dies gilt auch dann, wenn zu vermuten ist, dass Ihnen als Erbe nach Abzug der (wenn auch hohen) Schulden einige Vermögenswerte verbleiben. Als mögliche Alternativen gelten Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren.
Nachlassverwaltung: Besonders dann, wenn in kurzer Zeit noch nicht absehbar ist, wie viel Vermögen und wie viele Schulden im Nachlassvermögen enthalten sind und der Nachlass insgesamt unübersichtlich ist, bietet sich die Beantragung der Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht an. Der Antrag ist vom Erben persönlich zu Protokoll der Geschäftsstelle des Nachlassgerichtes oder schriftlich per Post zu stellen. Sodann wird vom Gericht ein Nachlassverwalter bestellt, welcher die Schulden des Erblassers aus dem Nachlass begleicht. Auch die Kosten für die Nachlassverwaltung werden aus dem Nachlass finanziert. Im Ergebnis kann der Erbe damit seiner persönlichen Haftung entgehen. Seine Haftung für die geerbten Schulden des Erblassers sind auf den Nachlass beschränkt. Das übrig gebliebene Vermögen wird an den Erben ausgezahlt.
Nachlassinsolvenzverfahren: Hat der Erbe die Erbschaft angenommen und stellt sich der Nachlass als verschuldet heraus kann der Erbe, statt die Erbschaftsannahme anzufechten, ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen. Der Antrag ist bei dem zuständigen Insolvenzgericht, dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen Wohnsitz hatte, zu stellen. Auch hierbei wird die Haftung des Erben für die Schulden des Erblassers auf den vorhandenen Nachlass begrenzt.
Schlun & Elseven: Rechtliche Unterstützung im Erbrecht
Um die sich beim Erbfall und bei der Abwicklung von Nachlassverbindlichkeiten stellenden Fragen zu bewältigen, ist die Unterstützung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt für Erbrecht geradezu unerlässlich. Dieser kann eine passgenau auf Ihre individuelle Situation zugeschnittene Lösung erarbeiten.
Unsere Anwälte sind routiniert im Umgang mit den Nachlassgerichten, ebenso wie in Verhandlungen mit Gläubigern des Erblassers, aber auch allgemein in der erfolgreichen Durchsetzung einer Erbausschlagung. Wir verfügen über ausgezeichnete Expertise und langjährige Erfahrung, um die Einhaltung von Formen und Fristen jederzeit sicherzustellen und Konflikte mit der Erbschaft zu verhindern.
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