Ab September 2023 wird den Verbraucherschutzverbänden ein neues rechtliches Instrument zur Verfügung stehen, um im Auftrag von Verbrauchern kollektiven Rechtsschutz gegen Unternehmen zu erwirken. Mit der Abhilfeklage wird es den Verbänden künftig möglich sein, in Fällen, die mindestens 50 Verbraucher betreffen, auf Leistung, aber auch auf Schadensersatz, Vertragsauflösung, Preisminderung oder Kaufpreiserstattung zu klagen.

Um unseren Mandanten die benötigte Klarheit bezüglich Ihrer rechtlichen Handlungsoptionen zu verschaffen, bieten wir mit dem folgenden Beitrag einen kurzen Überblick über die Konsequenzen der neuen Regelung an. Als multidisziplinäre Anwaltskanzlei, zu deren Tätigkeitsschwerpunkten das Zivil- und Vertragsrecht gehören, vertreten wir Verbraucher, welche die Abhilfeklage in Anspruch nehmen möchten. Unsere Rechtsexperten klären Sie gerne darüber auf, ob eine Abhilfeklage in Ihrem Fall sinnvoll sein könnte, um anschließend in enger Zusammenarbeit mit Ihnen die bestmögliche Lösung für Ihr Anliegen zu erarbeiten. Selbstverständlich begleiten wir Sie von der Klageerhebung bis zur Beendigung des Prozesses und stehen ihn sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich jederzeit zur Seite, um Ihre Rechte und Interessen durchzusetzen.

Sie können sich jederzeit an unsere Kanzlei wenden, wenn Sie ein bestimmtes Problem oder eine Rechtsfrage zum Abhilfeklage haben. Unsere Anwälte sind telefonisch und per E-Mail erreichbar und bieten die Möglichkeit von Videokonferenzen. Für weitere juristische Informationen besuchen Sie bitte unsere Homepage zur Prozessführung und Litigation.

Ziel und Inhalt des neuen Gesetzes zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie

Der Deutsche Bundestag hat bereits am 7. Juli 2023 das Gesetz zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie (VRUG) verabschiedet und damit Änderungen für Sammelklagen durch Verbände zugunsten von Verbrauchern und kleinen Unternehmen beschlossen. Das geplante Gesetz soll die EU-Verbandsklagenrichtlinie 2020/1828 in deutsches Recht umsetzen. Das tatsächliche Inkrafttreten des Gesetzes ist aufgrund der erforderlichen Beteiligung des Bundesrates allerdings frühestens im September 2023 geplant.

Primäres Ziel des neuen Gesetzes ist es, eine Erleichterung für die Erhebung von Sammelklagen durch qualifizierte Verbraucherbände zu schaffen. Mithin soll die Durchsetzung der Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sowie von kleinen Unternehmen vereinfacht werden.


Anwendungsbereich der Abhilfeklage

Gem. § 1 Abs.1 Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) erstreckt sich der Anwendungsbereich der Abhilfeklage auf alle bürgerlichen Rechtstreitigkeiten, welche Ansprüche und Rechtsverhältnisse von einer Vielzahl von Verbrauchern gegenüber Unternehmern betreffen. Der Anwendungsbereich wird durch das neue Gesetz mithin ausgeweitet: Er erstreckt sich nicht ausschließlich auf Verbraucherschutzvorschriften (wie bisher von der Richtlinie verlangt), sondern beispielsweise auch auf das allgemeine Deliktsrecht. Dies kann insbesondere interessant für Produkthaftungsfälle, datenschutzrechtliche Schadenersatzansprüche oder Kapitalanlagefälle werden. Hier könnte die Abhilfeklage Erleichterung verschaffen. Eine weitere Besonderheit ist die Kategorisierung zwischen Verbraucher und Unternehmer. Eine Unternehmereigenschaft soll insbesondere erst dann bejaht werden, wenn das Unternehmen mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt und über einen Jahresumsatz von mehr als 2 Millionen Euro verfügt. Unternehmen mit weniger Mitarbeitern und einem geringeren Jahresumsatz werden als sogenannte „kleine Unternehmen“ betitelt und werden Verbrauchern in ihrer Rechtsposition gleichgestellt. Gem. § 1 Abs. 2 VDuG können sich solche „kleinen Unternehmen“ der Verbandsklage genau wie Unternehmer anschließen.


Voraussetzungen für die Erhebung einer Abhilfeklage

Klagebefugnis

Um Abhilfeklage erheben zu können, muss zunächst eine Klagebefugnis gegeben sein. Gem. § 2 Abs. 1 Nr.1 VDuG sind nicht die Verbraucher selbst klagebefugt, sondern qualifizierte (inländische) Verbraucherverbände, die in der Liste nach § 4 des Gesetzes über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (UKlaG)) eingetragen sind und nicht mehr als 5 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Es gilt eine Mindesteintragungsdauer von einem Jahr. Das bedeutet, dass eine Gründung von Verbraucherverbänden nur zum Zwecke der Klageerhebung grundsätzlich möglich ist. Weiterhin sind Verbände aus den EU-Mitgliedstaaten gem. § 2 Abs.1 Nr.2 VDuG auch in Deutschland klagebefugt.

Neben dem Erfordernis der Klagebefugnis muss der Kläger auch nachweisen, dass er selbst unmittelbar betroffen ist. Hierzu genügt, dass der Kläger die Betroffenheit „nachvollziehbar darlegt“ (§ 4 Abs. 1 VDuG).

Gleichartigkeit der Ansprüche

Weiterhin müssen die mit der Abhilfeklage geltend gemachten Ansprüche gem. § 15 Abs. 1. S.1 VDuG „im Wesentlichen gleichartig sein“. Wann Ansprüche im Wesentlichen gleichartig sind, ist stets nach dem Einzelfall zu betrachten. Grundsätzlich normiert § 15 Abs. 1. S 2 die Voraussetzungen: Demnach ist eine Gleichartigkeit stets dann zu bejahen, wenn

  • die Ansprüche auf demselben Sachverhalt ODER
  • auf einer Reihe im Wesentlichen vergleichbarer Sachverhalte beruhen UND
  • für die Ansprüche die im Wesentlichen gleichen Tatsachen- und Rechtsfragen entscheidungserheblich sind.

Ablauf der Klage

Die Abhilfeklage teilt sich in vier Phasen ein. Zunächst wird durch das Gericht geprüft, ob die durch die Verbraucherverbände geltend gemachten Ansprüche dem Grunde nach gerechtfertigt sind. Ist dies der Fall, ergeht das sogenannte Abhilfegrundurteil. Das Abhilfegrundurteil normiert die Voraussetzungen für eine Anspruchsberechtigung sowie die vom Verbraucher zu erbringenden Berechtigungsnachweise.

Ausnahmsweise kann anstatt eines Abhilfegrundurteils auch ein reguläres Endurteil auf Zahlung ergehen, um die Verfahrensdauer zu minimieren. Dies ist allerdings nur zulässig, wenn durch den Kläger eine Leistung an namentlich benannte Verbraucher begehrt wird.

Sofern das Abhilfegrundurteil ergangen ist, folgt daraufhin die sogenannte Vergleichsphase. In der Vergleichsphase wird versucht zwischen Verbraucher und Unternehmen eine gütliche Einigung zu erzielen. Abhängig davon, ob ein Vergleich erzielt werden konnte oder nicht, folgt entweder die Erweiterung des Verfahrens in eine dritte Phase oder die Schließung eines Vergleichs.

Konnte keine gütliche Einigung ergehen, so entscheidet das Gericht in dieser dritten Phase, welche Ansprüche dem Kläger zustehen. Diese Entscheidung wird als sogenanntes Abhilfeendurteil bezeichnet.

Auf das Abhilfeendurteil folgt die vierte Phase der Abhilfeklage, das sogenannte Umsetzungsverfahren. Im Umsetzungsverfahren wird geregelt, wie das Unternehmen seine Leistungen in sogenannte Umsetzungsfonds einzuzahlen hat. Daraufhin wird ein vom Gericht bestellter Sachbearbeiter prüfen, welche Anspruchsberechtigungen den registrierten Verbrauchern zusteht und dann gegebenenfalls die Ausschüttung des Gesamtbetrages an die berechtigten Verbraucher vornehmen.


Unterschied zur Musterfeststellungsklage

Seit 2018 gibt es in Deutschland die Möglichkeit der Erhebung einer Musterfeststellungsklage. Die Musterfeststellungsklage ermöglicht es zwar Verbrauchern, gesammelt Klage zu erheben. Im Unterschied zur Abhilfeklage wird bei der Musterfeststellungsklage allerdings vor Gericht nur festgestellt, welche Tatsachen oder Rechtsfragen vorliegen. Den individuellen Anspruch muss jeder einzelne Verbraucher für sich danach erneut gerichtlich durchsetzen.

Bei der Abhilfeklage würde dieses zusätzliche Erfordernis wegfallen. Gewinnt der Kläger den Prozess, so führt dies zu einer direkten Entschädigung, ohne nochmals vor Gericht ziehen zu müssen. Der Kläger soll jedoch weiterhin ein Wahlrecht haben, ob er sich für die Erhebung einer Musterfeststellungsklage oder für die Erhebung der Abhilfeklage entscheidet. Die Musterfestellungsklage und die Abhilfeklage bleiben mithin nebeneinander bestehen.


Schlun & Elseven: Unser Rechtsbeistand bei einer Abhilfeklage

Als multidisziplinäre Anwaltskanzlei bieten wir Verbrauchern, welche die Abhilfeklage in Anspruch nehmen möchten, eine Reihe von Dienstleistungen an, die passgenau auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Unsere Rechtsexperten klären Sie gerne darüber auf, ob eine Abhilfeklage in Ihrem Fall sinnvoll sein könnte, um anschließend in enger Zusammenarbeit mit Ihnen die bestmögliche Lösung für Ihr Anliegen zu erarbeiten. Selbstverständlich begleiten wir Sie von der Klageerhebung bis zur Beendigung des Prozesses und stehen ihn sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich jederzeit zur Seite.