Ein Fallbeispiel aus unserer Rechtspraxis

Vor dem Amtsgericht Düsseldorf haben unsere Anwälte im Juli 2023 mit Erfolg die Eintragung der Elternschaft unserer Mandanten erwirken können – für eine im Ausland erfolgte Leihmutterschaft. Auf diese Weise blieb unseren Mandanten das aufwendige Adoptionsverfahren erspart. Dieses Urteil stellt nicht nur einen weiteren Meilenstein beim Thema Leihmutterschaft dar, sondern ist auch bzw. insbesondere wegweisend für gleichgeschlechtliche Väter mit Kinderwunsch.

Sie können sich jederzeit an unsere Kanzlei wenden, wenn Sie ein bestimmtes Problem oder eine Rechtsfrage zur Leihmutterschaft in Deutschland haben. Unsere Anwälte sind telefonisch und per E-Mail erreichbar und bieten die Möglichkeit von Videokonferenzen. Für weitere juristische Informationen besuchen Sie bitte unsere Homepage zum Familienrecht.

Rechtslage bzgl. Leihmutterschaft

Die Problematik rund um die Leihmutterschaft bzw. die Elternschaft nach Durchführung einer Leihmutterschaft besteht darin, dass es in Deutschland grundsätzlich verboten ist, ein Kind von einer Leihmutter zur Welt bringen zu lassen. Außerdem sprechen die deutschen Gesetze zunächst gegen die Elternschaft der Wunscheltern, da die §§ 1591 ff. BGB die Elternschaft klar regulieren und die Möglichkeit der Leihmutterschaft – wegen des Verbots – nicht miteinbeziehen. Somit gab es im Laufe der Jahre, aufgrund der im Ausland durchgeführten Leihmutterschaften, immer wieder Rechtsstreitigkeiten über die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern.

Wer gilt nach deutschem Recht (zunächst) als Eltern des Wunschkindes?

Die Elternschaft zu einem Kind ist eindeutig im BGB geregelt. Da die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, sehen die Gesetze nicht vor, dass die Wunscheltern die rechtlichen Eltern sind. Danach ist die Mutter eines Kindes immer die Frau, die es gebärt. Im Falle der Leihmutterschaft ist somit nach deutschem Recht immer die Leihmutter auch die rechtliche Mutter des Kindes. Diese Zuordnung kann auch nicht aufgrund vertraglicher Erklärung abgeändert werden. Vater eines Kindes ist nach deutschem Gesetz entweder der Ehemann der Mutter; der Mann, dessen genetische Verwandtschaft anerkannt ist; oder der Mann dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wird. Insbesondere für gleichgeschlechtliche (verheiratete) Paare, sieht das Gesetz bisher nicht vor, dass der oder die gleichgeschlechtliche Ehepartner:in automatisch kraft Gesetzes auch Elternteil des Kindes ist. Der mit dem Kind genetisch nicht verwandte Ehepartner muss nach aktueller Gesetzeslage das Kind adoptieren (Stiefkindadoption), um als Elternteil eingetragen zu werden. Damit ist das Thema Leihmutterschaft für gleichgeschlechtliche Paare mit weiteren Schwierigkeiten verbunden. In vielen Fällen erfolgt also zur familienrechtlichen Zuordnung zwischen Wunscheltern und Kind eine Adoption nach Leihmutterschaft im Ausland.

Anders sieht es nur aus, wenn ein deutsches Gericht eine im Ausland erfolgte Entscheidung bezüglich der Elternschaft anerkennt. Eine solche Anerkennung gilt dann für beide Elternteile, egal ob Mutter oder Vater.


Erstrittenes Urteil: Anerkennung der Elternschaft beider Väter

Unsere Mandanten hatten 2021 in Mexiko mittels Leihmutter ein Kind bekommen. Zu dem Zeitpunkt lebten die beiden Ehegatten auch in Mexiko. Das Kind erwarb durch seine Geburt die mexikanische Staatsbürgerschaft. Damit die beiden Väter auf der Geburtsurkunde als die beiden Elternteile angegeben werden konnten, führten sie in Mexiko ein Gerichtsverfahren, welches sie gewannen. Beide Väter wurden mit gemeinsamen Familiennamen in der Geburtsurkunde eingetragen. Die Leihmutter wird in der Geburtsurkunde nicht genannt.

In Deutschland beantragten die Väter schließlich 2022 die Nachbeurkundung des Kindes nach Maßgabe der vorgelegten mexikanischen Geburtsurkunde. Der Antrag wurde abgelehnt, stattdessen beurkundete das Standesamt die Vaterschaft des genetischen Vaters sowie die Mutterschaft der Leihmutter. Daraufhin strebte die Familie per Gerichtsverfahren an, dass die beiden Väter im Familienbuch einzutragen seien.

Zunächst stellte das Gericht fest, dass das Kind aufgrund seiner genetischen Verwandtschaft mit einem der Väter, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, ebenfalls deutscher Staatsbürger ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass beide Antragsteller für das Kind eine Elternstellung einnehmen.

Die Entscheidung des mexikanischen Gerichts, die beiden Männer als Väter in der Geburtsurkunde einzutragen, stellt – dieser Punkt ist ausschlaggebend– eine Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG dar, sodass sie in vollem Umfang von deutschen Gerichten anzuerkennen ist. § 108 I FamFG lautet wie folgt: „[…] werden ausländische Entscheidungen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.“

Ist die Anerkennung der Elternschaft mit deutschem Recht vereinbar?

Den größten Argumentationsaufwand verwendet das Gericht für die Frage, ob eine Anerkennung der Elternschaft nach einer Leihmutterschaft im Ausland einen Verstoß gegen den ordre public darstellt. Der ordre public (= öffentliche Ordnung) wehrt die Anwendung ausländischen Rechts ab, wenn sie zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führen würde. Nach § 109 Abs. 1 Nr.4 FamFG ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, wenn diese zu einem Ergebnis führt, die mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist (ordre public Verstoß). Das Amtsgericht Düsseldorf stellt unter Rückgriff auf Ausführungen des BGH fest, dass maßgeblich ist, “ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihn enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint.”

Insbesondere hat das Gericht beachtet, dass bei Nicht-Anerkennung der Elternschaft der beiden Wunschväter das Kind nur einen Elternteil hätte, da das Verwandtschaftsverhältnis zur Leihmutter lediglich ein sogenanntes hinkendes Verwandtschaftsverhältnis ist. Nach dem Recht des Heimatstaates der Leihmutter, ist diese nicht Mutter des Kindes und in ihrer Funktion als Leihmutter erklärt sie darüber hinaus, kein Interesse an der Übernahme einer Mutterrolle zu haben. Dem Kind bleibt bei Ablehnung der Anerkennung der Elternschaft seiner Wunscheltern dementsprechend nur der Vater, der genetisch mit dem Kind verwandt ist. Dies birgt neben dem hier vorgestellten Fall weitere Komplikationen für Wunschmütter, bei denen es keine vergleichbare Möglichkeit zur Vaterschaftsanerkennung gibt.

Das Amtsgericht Düsseldorf spricht weiterhin von der Berücksichtigung des Rechts des Kindes auf Gewährung elterlicher Pflege und Erziehung aus Art. 2 Abs.1 i. V. m. Art.6 Abs. 1 S.1 GG. Durch das bereits bestehende familiäre Verhältnis zwischen Kind und Wunscheltern würde in das Recht des Kindes eingegriffen, wenn dieses Verhältnis beseitigt würde.

Wichtig für die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber verschiedengeschlechtlichen Paaren ist die Ausführung des Gerichts darüber, dass eine gleichgeschlechtliche Elternschaft sozial gleichwertig ist, wenn die Elternschaft auf Dauer angelegt und rechtlich etabliert ist. Die Gleichgeschlechtlichkeit der Wunscheltern darf dementsprechend bei der Frage der Anerkennung der Elternschaft keine Rolle spielen.

Letztlich geht das Gericht auch auf die Möglichkeit der Adoption ein. Im Falle der Nicht-Anerkennung der Elternschaft bleibt den Wunscheltern bzw. dem nicht genetisch mit dem Kind verwandten Vater die Möglichkeit der (Stiefkind-) Adoption. Zum einen geht das Gericht davon aus, dass die individuelle Prüfung im Adoptionsverfahren zum gleichen Ergebnis kommen würde, wie die direkte Anerkennung der Elternschaft. Zum anderen – und das ist der entscheidende Unterschied – birgt ein Adoptionsverfahren für das Kind Risiken, die es bei einer Anerkennung nicht gibt. “Denn es stünde auch noch nach der Geburt des Kindes im Belieben der Wunscheltern, ob sie das Kind als eigenes annehmen oder – etwa wegen einer Behinderung des Kindes – von ihrem Kinderwunsch Abstand nehmen. Trennen sich etwa die Wunscheltern oder reut sie ihre Entscheidung, so wäre es jedenfalls dem genetisch nicht verwandten Elternteil möglich, eine rechtliche Elternschaft dauerhaft nicht zur Entstehung kommen zu lassen. Das Kind bliebe letztlich im Geburtsland insoweit elternlos und könnte dort auch einer in Deutschland vorgenommenen Zuordnung zur Leihmutter keine Geltung verschaffen. Die Wunscheltern wären hingegen aus der Verantwortung entlassen, obwohl sie die Initiatoren der medizinisch assistierten Zeugung waren und das Kind ihrer Entscheidung seine Existenz zu verdanken hat.”

Insgesamt ist zu beobachten, dass das Gericht besonderen Wert auf das Kindeswohl legt und dieses als ausschlaggebendes Argument aufzeigt. Dementsprechend widerspricht eine Anerkennung der Elternschaft der Wuscheltern nicht den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Gesetze. Der Schutz des Kindeswohls ist in § 1666 BGB, Art. 5 Abs. 2 GG und in Art. 3 der VN-Kinderrechtskonvention festgesetzt.

Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf

Urteil des Gerichtsverfahrens ist die Anweisung an das Standesamt „die Geburt des Kindes in der Form zu beurkunden, dass die Antragsteller als Eltern […] ausgewiesen sind.“ Die Wunschväter sind nun also auch die rechtlichen Eltern ihres Kindes.


Höchstrichterliche Rechtsprechung: BGH, Beschluss vom 10.12.2014

Das Amtsgericht Düsseldorf weist in seinen Ausführungen daraufhin, dass es den Ausführungen des BGH aus seinem Beschluss vom 10.12.2014 – XII ZB 463/13 gefolgt ist.

Bereits 2014 wurde gerichtlich festgestellt, dass ausschlaggebend für eine Anerkennung der Elternschaft das Vorliegen einer ausländischen Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG ist. Nur dann kann ein deutsches Gericht ohne eigene Prüfung die Elternschaft bestätigen. Wurden die Wunscheltern dagegen von einem Standesbeamten in die Geburtsurkunde eingetragen, ohne dass eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung erfolgen musste, so ist in Deutschland eine eigene Prüfung der Elternschaft vorzunehmen – welche sich dann nach den deutschen Gesetzen richtet, nach denen die Wunscheltern in den meisten Fällen eben nicht die rechtlichen Eltern des Kindes sind.

Leitentscheidend hielt der BGH fest: “Eine ausländische Gerichtsentscheidung, die die Feststellung der rechtlichen Verwandtschaft enthält, ist im Gegensatz zur bloßen Registrierung des Verwandtschaftsverhältnisses der Anerkennung zugänglich.”


Schlun & Elseven: Ihr Rechtsbeistand im Familienrecht

Haben Sie ebenfalls Ihr Kind mittels einer im Ausland erfolgten Leihmutterschaft bekommen oder erwägen, Sie mit Hilfe einer Leihmutter Eltern zu werden, so zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Unsere Experten für Familienrecht werden Sie in jeglicher Hinsicht unterstützen. Die rechtliche Bewertung der Erfüllbarkeit Ihres Kinderwunsches ist zweifelsohne eine emotional belastende Situation, in der Sie auf die Hilfe und Unterstützung unserer Rechtsexperten zählen können. Diese werden Sie über alle notwendigen rechtlichen Schritte umfangreich beraten, diese einleiten und Sie während des gesamten Verfahrens begleiten.