Ein Fallbeispiel aus unserer Rechtspraxis

Im Juli 2023 haben unsere Anwälte mit Erfolg die Eintragung der Elternschaft unserer Mandanten erwirken können – für eine im Ausland erfolgte Leihmutterschaft.  Auf diese Weise blieb unseren Mandanten das aufwändige (Stiefkind-)Adoptionsverfahren erspart. Das vom Amtsgericht Düsseldorf ergangene Urteil stellt nicht nur einen weiteren Meilenstein der Leihmutterschaft dar, sondern ist insbesondere wegweisend für Männer in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit Vaterwunsch.

Sie können sich jederzeit an unsere Kanzlei wenden, wenn Sie ein bestimmtes Problem oder eine Rechtsfrage zur Leihmutterschaft in Deutschland haben. Unsere Anwälte sind telefonisch und per E-Mail erreichbar und bieten die Möglichkeit von Videokonferenzen. Für weitere juristische Informationen besuchen Sie bitte unsere Homepage zum Familienrecht.

Wer gilt nach deutschem Recht (zunächst) als Eltern des Wunschkindes?

Die Regelung darüber, wer die Mutter des Wunschkindes ist, ist eindeutig: Die Frau, die es gebärt – also in jedem Fall die Ersatzmutter. Diese kann nach deutscher Rechtslage auch nicht per vertraglicher Erklärung auf diesen rechtlichen Status verzichten. Wer nach deutschem Recht der Vater des Wunschkindes ist, ist nicht so eindeutig. Ist die Ersatzmutter verheiratet, so gilt gemäß § 1592 Nr.1 BGB stets der Ehemann der Ersatzmutter als Vater des Kindes. Dabei ist das Bestehen oder Nichtbestehen einer genetischen Verwandtschaft irrelevant. Ist die Ersatzmutter nicht verheiratet, so wird die Vaterschaft durch die Anerkennung der Vaterschaft durch den genetischen Vater begründet. Ist der bzw. einer der Wunschväter der genetische Vater, so kann er demnach seine Vatereigenschaft per Anerkennungserklärung rechtlich anerkennen (lassen). Dies kann bereits während der Schwangerschaft der Ersatzmutter erfolgen, § 1594 Abs. 4 BGB. Notwendig ist dafür immer die Zustimmung der Ersatzmutter. Im Falle der Vaterschaftsanerkennung kann der verheiratete Partner das Kind sodann im Wege der Stiefkindadoption annehmen. Ist der Vater bzw. keiner der Väter genetisch mit dem Kind verwandt, muss die Elternschaft gerichtlich festgestellt werden.

Es besteht die Möglichkeit, dass die Elternschaft bereits im Ausland per Gerichtsentscheidung festgestellt wird. Gemäß § 108 Abs. 1 FamFG „werden ausländische Entscheidungen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf“. Hierfür muss jedoch eindeutig die Elternstellung der Wunscheltern aus dem Tenor des ausländischen Urteils hervorgehen. Nur dann kann das deutsche Gericht diese auch anerkennen. Wurde die Elternschaft der Wunscheltern im Ausland jedoch nicht per Urteil, sondern lediglich durch Eintragung eines Standesbeamten festgestellt, gehen die deutschen Behörden davon aus, dass das Kind der Ersatzmutter zuzuordnen ist. In solchen Fällen bleibt schließlich nur das Adoptionsverfahren.


Der Fall

Unsere Mandanten hatten im Jahre 2021 im Wege einer Ersatzmutterschaft ein Kind in Mexiko bekommen. Zu dem Zeitpunkt lebten die beiden Ehegatten auch in Mexiko. Das Kind erwarb durch seine Geburt die mexikanische Staatsbürgerschaft. Damit die beiden Väter auf der Geburtsurkunde als Elternteile angegeben werden konnten, führten sie in Mexiko ein Gerichtsverfahren, welches sie gewannen. Beide Väter wurden mit gemeinsamen Familiennamen in der Geburtsurkunde eingetragen. Die Ersatzmutter wird indes in der Geburtsurkunde nicht genannt.

In Deutschland beantragten die Väter schließlich im Jahre 2022 die Nachbeurkundung des Kindes nach Maßgabe der vorgelegten mexikanischen Geburtsurkunde. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Stattdessen beurkundete das Standesamt die Vaterschaft des genetischen Vaters sowie die Mutterschaft der Ersatzmutter. Daraufhin strebte die Familie per Gerichtsverfahren an, die beiden Väter im Familienbuch eintragen zu lassen.


Das Erfolgsurteil

Zunächst stellte das Gericht fest, dass das Kind aufgrund seiner genetischen Verwandtschaft mit einem der Väter (welcher die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt) ebenfalls deutscher Staatsbürger ist. Weiterhin wurde festgestellt, dass beide Antragsteller für das Kind eine Elternstellung einnehmen. Die Entscheidung des mexikanischen Gerichts, die beiden Männer als Väter in der Geburtsurkunde einzutragen, stellt – und dieser Punkt ist ausschlaggebend– eine Entscheidung im Sinne des § 108 Abs. 1 FamFG dar, sodass sie in vollem Umfang von deutschen Gerichten anzuerkennen ist.

Großen Argumentationsaufwand verwendet das Gericht auf die Frage, ob eine Anerkennung der Elternschaft nach einer Ersatzmutterschaft im Ausland einen Verstoß gegen den sogenannten ordre public darstellt. Der ordre public (die öffentliche Ordnung) wehrt die Anwendung ausländischen Rechts dann ab, wenn sie zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führen würde. Nach § 109 Abs. 1 Nr.4 FamFG ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führte, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn eine Unvereinbarkeit mit den deutschen Grundrechten vorliegt. Das Amtsgericht Düsseldorf stellt unter Rückgriff auf Ausführungen des BGH fest, dass dabei maßgeblich ist, “ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint.”


Ist die Anerkennung der Elternschaft mit deutschem Recht vereinbar?

Zur Beantwortung dieser Frage hat das Gericht insbesondere beachtet, dass bei Nicht-Anerkennung der Elternschaft der beiden Wunschväter das Kind nur einen Elternteil hätte. Bei dem Verwandtschaftsverhältnis zur Ersatzmutter handelt es sich lediglich um ein sogenanntes hinkendes Verwandtschaftsverhältnis. Nach dem Recht des Heimatstaates der Ersatzmutter (Mexiko), ist diese nicht Mutter des Kindes. In ihrer Funktion als Ersatzmutter hat sie darüber hinaus erklärt, kein Interesse an der Übernahme einer Mutterrolle zu haben. Dem Kind bliebe bei Ablehnung der Anerkennung der Elternschaft seiner Wunscheltern dementsprechend nur der Vater, mit dem es genetisch verwandt ist.

Das Amtsgericht Düsseldorf geht weiterhin auf die Berücksichtigung des Rechts des Kindes auf Gewährung elterlicher Pflege und Erziehung ein – auf Grundlage des Art. 2 Abs.1 i. V. m. Art.6 Abs. 1 S.1 GG. Durch das bereits bestehende familiäre Verhältnis zwischen dem Kind und den Wunscheltern würde in die Rechte des Kindes eingegriffen werden, wenn dieses Verhältnis beseitigt würde.

Wichtig für die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber verschiedengeschlechtlichen Paaren ist zudem die Ausführung des Gerichts darüber, dass eine gleichgeschlechtliche Elternschaft sozial gleichwertig ist, wenn die Elternschaft auf Dauer angelegt und rechtlich etabliert ist. Die Gleichgeschlechtlichkeit der Wunscheltern darf dementsprechend bei der Frage der Anerkennung der Elternschaft keine Rolle spielen.

Letztlich geht das Gericht auch auf die Möglichkeit der Adoption ein. Im Falle der Nicht-Anerkennung der Elternschaft bleibt den Wunscheltern bzw. dem nicht genetisch mit dem Kind verwandten Vater die Möglichkeit der (Stiefkind-) Adoption. Zum einen geht das Gericht davon aus, dass die individuelle Prüfung im Adoptionsverfahren zum gleichen Ergebnis käme – wie auch die direkte Anerkennung der Elternschaft. Zum anderen – und das ist der entscheidende Unterschied – birgt ein Adoptionsverfahren für das Kind Risiken, die es bei einer Anerkennung nicht gibt. Denn:

“Es stünde auch noch nach der Geburt des Kindes im Belieben der Wunscheltern, ob sie das Kind als eigenes annehmen oder – etwa wegen einer Behinderung des Kindes – von ihrem Kinderwunsch Abstand nehmen. Trennen sich etwa die Wunscheltern oder reut sie ihre Entscheidung, so wäre es jedenfalls dem genetisch nicht verwandten Elternteil möglich, eine rechtliche Elternschaft dauerhaft nicht zur Entstehung kommen zu lassen. Das Kind bliebe im Geburtsland insoweit elternlos und könnte dort auch einer in Deutschland vorgenommenen Zuordnung zur Ersatzmutter keine Geltung verschaffen. Die Wunscheltern wären hingegen aus der Verantwortung entlassen, obwohl sie die Initiatoren der medizinisch assistierten Zeugung waren und das Kind ihrer Entscheidung seine Existenz zu verdanken hat.”

Insgesamt ist zu beobachten, dass das Gericht besonderen Wert auf das Kindeswohl legt und dieses als ausschlaggebendes Argument aufzeigt. Dementsprechend widerspricht eine Anerkennung der Elternschaft der Wunscheltern nicht den wesentlichen Grundsätzen der deutschen Gesetze. Der Schutz des Kindeswohls ist in § 1666 BGB und Art. 5 Abs. 2 GG  sowie in Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten.


Höchstrichterliche Rechtsprechung: BGH, Beschluss vom 10.12.2014

Das Amtsgericht Düsseldorf weist in seinen Ausführungen daraufhin, dass es den Ausführungen des BGH aus seinem Beschluss vom 10.12.2014 – XII ZB 463/13 gefolgt ist. Bereits 2014 wurde gerichtlich festgestellt, dass es für eine Anerkennung der Elternschaft ausschlaggebend ist, dass eine ausländische Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG vorliegt. Nur dann kann ein deutsches Gericht ohne eigene Prüfung die Elternschaft bestätigen. Wurden die Wunscheltern dagegen von einem Standesbeamten in die Geburtsurkunde eingetragen, ohne dass eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung erfolgen musste, so ist in Deutschland eine eigene Prüfung der Elternschaft vorzunehmen – welche sich dann wiederum nach den deutschen Gesetzen richtet. Leitentscheidend hielt der BGH fest: “Eine ausländische Gerichtsentscheidung, die die Feststellung der rechtlichen Verwandtschaft enthält, ist im Gegensatz zur bloßen Registrierung des Verwandtschaftsverhältnisses der Anerkennung zugänglich.”


Schlun & Elseven: Ihr Rechtsbeistand im Familienrecht

Haben Sie ebenfalls Ihr Kind mittels einer im Ausland erfolgten Ersatzmutterschaft bekommen oder erwägen Sie mit Hilfe einer Ersatzmutter Ihr Wunschkind zu bekommen, können unsere Experten für Familienrecht Sie in jeglicher Hinsicht unterstützen. Die rechtliche Bewertung der Erfüllbarkeit Ihres Kinderwunsches ist ohne jeden Zweifel eine emotional belastende Situation, in der Sie auf die Hilfe und Unterstützung unserer Rechtsexperten zählen können. Diese werden Sie über alle notwendigen rechtlichen Schritte umfangreich beraten und Sie während des gesamten Verfahrens begleiten.