Schlun & Elseven ist eine international aktive Kanzlei, spezialisiert u. a. auf die Vertretung von Mandanten im Auslieferungsverfahren. Unsere Anwälte für Auslieferungsrecht verfügen über das nötige Fachwissen und eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Interpol und den Auslieferungsbehörden, um Sie gleichermaßen kompetent wie engagiert in dieser schwierigen Zeit vertreten zu können. Wir kümmern uns nicht nur um Mandanten, die von oder nach Deutschland ausgeliefert werden sollen. Wir sorgen auch für die Löschung von Interpol Red Notices, unabhängig davon, von welchem Land sie initiiert wurden.
Gesetzliche Regelungen im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und der Schweiz
Grundsätzlich richten sich Auslieferungen in Deutschland nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) und in der Schweiz nach dem schweizerischen Bundesgesetz für internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG). Sowohl Deutschland als auch die Schweiz sind darüber hinaus Mitglieder des Europäischen Auslieferungsübereinkommen (EuAlÜbk), weshalb der Auslieferungsverkehr zwischen den beiden Staaten maßgeblich durch dessen Vertragsbestimmungen geregelt ist. Außerdem haben Deutschland und die Schweiz am 13. November 1969 einen Zusatzvertrag geschlossen, der ergänzend neben die Regelungen des EuAlÜbk tritt.
Auslieferungsverfahren in der Schweiz
In der Regel beginnt ein Auslieferungsverfahren in der Schweiz mit einem ausländischen Fahndungsersuchen. Ein solches Fahndungsersuchen besteht meist in Form einer Ausschreibung über das Schengener Informationssystem (SIS), über Interpol oder wird direkt von einer ausländischen Justizbehörde übermittelt. Das Fahndungsersuchen wird daraufhin vom schweizerischen Bundesamt für Justiz (BJ) im Hinblick auf die Vollständigkeit der Angaben geprüft, um zu entscheiden, ob die erbetene Auslieferung grundsätzlich in Frage käme. Im Anschluss wird, sofern der Aufenthaltsort der gesuchten Person bekannt ist, eine Verhaftung veranlasst. Wenn der Aufenthaltsort unbekannt ist und nicht bereits eine Ausschreibung im SIS vorliegt, wird die Person zur Fahndung ausgeschrieben.
Der Ablauf des Auslieferungsverfahrens selbst ist unterschiedlich, abhängig davon, ob sich die gesuchte Person mit ihrer Auslieferung einverstanden erklärt. Erklärt eine Betroffene Person ihr Einverständnis, kann das BJ unverzüglich die Auslieferung bewilligen und den Vollzug veranlassen, was oft nur wenige Tage dauert. Damit ist die Schweiz eines der wenigen Länder, in denen ein vereinfachtes Auslieferungsverfahren möglich ist. Ein ordentliches Auslieferungsverfahren kann hingegen, insbesondere in komplizierten Fällen und bei Ausschöpfung aller Rechtsmittel, bisweilen über ein Jahr dauern. Von einem ordentlichen Auslieferungsverfahren spricht man, wenn sich die gesuchte Person ihrer Auslieferung widersetzt. In der Regel erlässt das BJ in diesen Fällen einen Auslieferungshaftbefehl und fordert den ausländischen Staat zudem auf, ein formelles Auslieferungsgesuch zu stellen. Trifft dieses fristgerecht beim BJ ein, bleibt die gesuchte Person grundsätzlich bis zum Ende des Auslieferungsverfahrens in Haft; trifft das Auslieferungsgesuch jedoch nicht fristgerecht ein, muss der Betroffene freigelassen werden.
Verteidigung im Auslieferungsverfahren in der Schweiz
Im Rahmen des Auslieferungsverfahren haben betroffene Personen in der Schweiz verschieden Möglichkeiten, Rechtsmittel gegen das behördliche Handeln einzulegen. Zu Beginn des Verfahrens eröffnet die zuständige kantonale Behörde der gesuchten Person den Auslieferungshaftbefehl und hört den Betroffenen in diesem Zusammenhang zu dem Auslieferungsersuchen an. Für die gesuchte Person besteht an dieser Stelle die Möglichkeit, Beschwerde gegen den Auslieferungshaftbefehl beim Bundesstrafgericht einzureichen. Hat das Bundesstrafgericht über die Beschwerde entschieden, haben sowohl das BJ als auch die gesuchte Person erneut die Möglichkeit, die Entscheidung beim Bundesgericht anzufechten. Darüber hinaus besteht für die gesuchte Person während der gesamten Dauer des Auslieferungsverfahrens die Möglichkeit, ein Haftentlassungsbegehren zu stellen.
Über den Auslieferungsentscheid hat in erster Instanz das BJ zu entscheiden, wobei es sich auf die Einvernahme sowie auf eine eventuelle Stellungnahme des Anwalts der gesuchten Person stützt. Zu prüfen sind an dieser Stelle insbesondere die formellen und materiellen Voraussetzungen der Auslieferung sowie die Strafbarkeit des im Ersuchen enthaltenen Tatvorwurfs nach schweizerischem Recht. Dabei werden jedoch keine tatsächlichen Schuld- und Tatfragen geprüft; diese sind für das Auslieferungsverfahren unerheblich.
Wurde dem Auslieferungsentscheid stattgegeben, kann der Betroffene innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung Beschwerde beim Bundesstrafgericht einlegen. In „besonders bedeutenden Fällen“ ist gegen dessen Entscheidung eine weitere Beschwerde beim Bundesgericht möglich. Ist ein Auslieferungsentscheid einmal rechtskräftig oder kündigt der Betroffene nicht innerhalb von 5 Tagen nach Eröffnung des Auslieferungsentscheids an, Beschwerde einzulegen, wird der Vollzug der Auslieferung vom BJ veranlasst.
Grundsätze und mögliche Hindernisse einer Auslieferung
Die Auslieferungspraxis zwischen Deutschland und der Schweiz ist maßgeblich durch die Grundsätze des EuAlÜbk geprägt. Demnach sind die beiden Staaten zur Kooperation und zur Auslieferung verpflichtet, sofern die Voraussetzungen des Vertrages erfüllt sind (Art. 1 EuAlÜbk). Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem die Schwere des Delikts, so sieht der Vertrag eine Auslieferung nur dann vor, wenn die der Auslieferung zugrundeliegende Tathandlung in beiden Staaten (Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit) mit einer Freiheitsstrafe von im Höchstmaß mindestens einem Jahr bedroht ist (Art. 2 Abs. 1 EuAlÜbk). Außerdem darf die betroffene Person nach erfolgter Auslieferung nur für jene Handlungen, für die die Auslieferung bewilligt wurde, verfolgt, in Haft gehalten oder an Drittstaaten weitergeliefert werden (Grundsatz der Spezialität).
Gemäß den Bestimmungen des EuAlÜbk findet die generelle Verpflichtung zur Auslieferung zudem bei politischen und militärischen Delikten (Art. 3, 4 EuAlÜbk) genauso wie bei fiskalischen Delikten (Art. 5 EuAlÜbk) keine Anwendung. Der Art. 5 EuAlÜbk legt fest, dass eine Auslieferung gemäß den Bestimmungen des EuAlÜbk bei fiskalischen Delikten nur dann bewilligt wird, wenn dies von den betroffenen Vertragsstaaten für einzelne oder Gruppen von strafbaren Handlungen ausdrücklich vereinbart worden ist. Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und der Schweiz wird eine Auslieferung aufgrund eines Fiskaldelikts lediglich in besonders schweren Fällen bewilligt. Zudem muss bei fiskalischen Delikten im Bereich der Mehrwertsteuern, Verbrauchssteuern und Zollabgaben Rechtshilfe geleistet werden. Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und der Schweiz ist zusätzlich zu beachten, dass die Schweiz, anders als Deutschland, zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug unterscheidet. Steuerhinterziehung ist in der Schweiz nicht mit einer Freiheitsstrafe, sondern lediglich mit einer Geldbuße belegt, wodurch eine Tat, die in der Schweiz in den Bereich der Steuerhinterziehung fällt, schon grundsätzlich nicht unter die auslieferungsfähigen strafbaren Handlungen des Art. 2 EuAlÜbk fällt.
Außerdem geht ein bereits laufendes Verfahren für das gleiche Delikt im ersuchten Staat einer Auslieferung in der Regel vor. Eine bereits erfolgte Verurteilung im ersuchten Staat für die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Handlung schließt eine Auslieferung ebenfalls aus („Non bis in idem“, Art. 9 EuAlÜbk). Gemäß Art. 10 EuAlÜbk wird eine Auslieferung normalerweise auch dann nicht bewilligt, wenn die Strafverfolgung oder Strafvollstreckung nach den Vorschriften des ersuchenden oder des ersuchten Staates bereits verjährt ist. Diese Regelung haben die Schweiz und Deutschland allerdings durch ihren bilateralen Vertrag zur Ergänzung des EuAlÜbk außer Kraft gesetzt, weswegen eine Auslieferung zwischen den beiden Staaten nicht mehr mit der Begründung der Verjährung abgelehnt werden kann.
Auslieferungsverkehr in der Praxis
Zwischen Deutschland und der Schweiz bestehen nicht nur Verträge, die etwaigen Auslieferungsverkehr in der Theorie regeln sollen, sondern auch in der Praxis wird im Bereich der internationalen Rechtshilfe stetig kooperiert. Ein prominenter Fall spielte sich im Jahr 2021 ab, als Deutschland die Schweiz um die Auslieferung eines deutschen Bankers, Rechtsanwalts und Steuerberaters ersuchte, der als einer der Köpfe im Cum-Ex-Skandal galt. Nach einem langen Verfahren stimmte das Bundesstrafgericht in Bellinzona der Auslieferung im Dezember 2021 zu. Allerdings werden Auslieferungsersuchen trotz der Zusammenarbeit der beiden Staaten auch teils abgelehnt. Beide Staaten liefern beispielsweise grundsätzlich keine eigenen Staatsbürger an das Ausland aus. In diesen Fällen kann der Heimatstaat allerdings stattdessen um stellvertretende Strafverfolgung ersucht werden, um die entstehende Lücke in der Strafverfolgung zu schließen. Doch auch in anderen Fällen können Auslieferungsersuchen abgelehnt werden. Das schweizerische Bundesstrafgericht lehnte beispielsweise im Jahr 2020 die Auslieferung eines kurdischen PKK-Mitgliedes mit türkischer Staatsangehörigkeit mit der Begründung ab, dass die PKK in der Schweiz nicht als kriminelle Vereinigung angesehen wird, sondern stattdessen als politische Partei oder Widerstandbewegung einzuordnen sei. Die Auslieferungsstatistiken der Jahre 2003 bis 2020 können auf der Website des Bundesjustizministeriums eingesehen werden. Eine genaue Untersuchung des Einzelfalls und präzise juristische Beratung, um die den Betroffenen zustehenden Rechtsmittel vollständig auszuschöpfen, ist also auch im Auslieferungsverkehr mit der Schweiz von enormer Bedeutung.
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