Schlun & Elseven ist eine international aktive Kanzlei, spezialisiert u. a. auf die Vertretung von Mandanten im Auslieferungsverfahren. Unsere Anwälte für Auslieferungsrecht verfügen über das nötige Fachwissen und eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Interpol und den Auslieferungsbehörden, um Sie gleichermaßen kompetent wie engagiert in dieser schwierigen Zeit vertreten zu können. Wir kümmern uns nicht nur um Mandanten, die von oder nach Deutschland ausgeliefert werden sollen. Wir sorgen auch für die Löschung von Interpol Red Notices, unabhängig davon, von welchem Land sie initiiert wurden.
Liechtenstein ist international vor allem als Finanzplatz und für seine liberale Steuergesetzgebung bekannt. Als zweitkleinster Staat Europas weist das Fürstentum Liechtenstein bei der Strafverfolgung und der internationalen Rechtshilfe einige Besonderheiten auf.
Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an Liechtenstein
Sowohl Liechtenstein als auch Deutschland liefert eigene Staatsbürger grundsätzlich nicht an das Ausland aus, es sei denn, die betroffene Person hat der Auslieferung ausdrücklich zugestimmt. Unionsbürger anderer EU-Staaten können aus Deutschland auch an Drittstaaten ausgeliefert werden. In diesen Fällen gilt jedoch, dass zunächst der Heimatstaat der betroffenen Person informiert werden und die Möglichkeit zum Einschreiten erhalten muss.
Gesetzliche Grundlagen des Auslieferungsverkehrs und der internationalen Rechtshilfe
Der Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und Liechtenstein stützt sich auf verschiedene internationale Verträge sowie nationale Gesetzgebung. Seit 1978 ist das Fürstentum wie auch Deutschland Mitglied im Europarat, wodurch der Auslieferungsverkehr zwischen den beiden Staaten maßgeblich durch das Europäische Auslieferungsübereinkommen (EuAlÜbk) geregelt wird. Zu beachten ist allerdings, dass Liechtenstein lediglich das erste Zusatzabkommen ratifiziert hat. Das zweite, dritte und vierte Zusatzabkommen zum EuAlÜbk gelten für Liechtenstein entsprechend nicht, wobei insbesondere das zweite Zusatzabkommen im Hinblick auf Rechtshilfe im Bereich fiskalischer Delikte von Bedeutung ist.
Am 1. Mai 1995 trat Liechtenstein dem EWR-Abkommen bei und ist seitdem Mitglied im Europäischen Wirtschaftsraum, wodurch die Zusammenarbeit mit seinen europäischen Nachbarstaaten weiter intensiviert wurde. National wird der Bereich der internationalen Rechtshilfe durch das Gesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (RHG) geregelt. Dieses wurde im Jahre 2000 verabschiedet, nachdem in Hinblick auf Geldwäscheprobleme von ausländischen Staaten massiv Druck ausgeübt wurde. Grundsätzliche Voraussetzung für Rechtshilfe war demnach, dass beidseitige Strafbarkeit bestand und es sich zudem weder um eine politische noch fiskalische oder militärische Straftat handelte.
Deutschland und Liechtenstein haben im Jahr 2009 neben bereits bestehenden multilateralen Abkommen zudem ein bilaterales Abkommen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen geschlossen, dass die Verfolgung von Steuerstrafsachen erleichtern soll. Dieser bilaterale Vertrag folgt dem OECD-Musterabkommen und sieht einen Informationsaustausch auf Anfrage vor.
Darüber hinaus ist Liechtenstein seit 2011 assoziiertes Mitglied im Schengen-Raum wodurch das Fürstentum Zugang zum Schengener Informationssystem (SIS) erhielt und der Informationsaustausch mit den anderen Mitgliedstaaten weiter intensiviert wurde.
Ablauf eines Auslieferungsverfahrens im Fürstentum Liechtenstein
Auslieferungsersuchen von ausländischen Staaten können von den zuständigen ausländischen Behörden wie zum Beispiel dem deutschen Justizministerium direkt an das Justizministerium in Liechtenstein übermittelt werden. Dabei muss das Auslieferungsersuchen die in Art. 12 EuAlÜbk aufgeführten Formvoraussetzungen erfüllen und in deutscher Sprache abgefasst (bzw. übersetzt worden) sein. In Liechtenstein ist bei Aussicht auf Auslieferung auch eine vorläufige Auslieferungshaft gemäß Art. 16 EuAlÜbk möglich, also die Festnahme und Inhaftierung bevor das eigentliche Auslieferungsersuchen eingegangen ist. Gemäß Art. 16 Abs. 4 EuAlÜbk darf diese einen Zeitraum von 40 Tagen nicht überschreiten. Nach Eingang des Auslieferungsersuchens darf die Auslieferungshaft selbst einen Zeitraum von sechs Monaten nur dann überschreiten, wenn dies durch die außergewöhnliche Komplexität eines Falles unausweichlich ist (vgl. Art. 57 ff. StGB, LGBl. 1988 Nr. 37, LR 311.0).
Über die Zulässigkeit eines Auslieferungsersuchens entscheidet in Liechtenstein das Urteil des Obergerichts, wogegen beim Obersten Gerichtshofs Liechtensteins gegebenenfalls Berufung eingelegt werden kann. Sind in einem Fall durch die Europäische Grundrechtecharta oder die liechtensteinische Verfassung geschützte Grundrechte betroffen, können Betroffene zudem vor dem Verfassungsgericht gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Berufung gehen. Abschließend entscheidet der Justizminister Liechtensteins über die Auslieferung, wobei dieser in dem Fall, dass ein Gericht die Auslieferung für unzulässig erklärt hat, an die Entscheidung des Gerichts gebunden ist. Hat das Gericht eine Auslieferung für zulässig erklärt, kann der Justizminister diese nur dann ablehnen, wenn internationale Verpflichtungen oder Interessen des Fürstentums einer Auslieferung entgegenständen. Hat ein Betroffener einer Auslieferung zugestimmt, entfällt das ordentliche Auslieferungsverfahren und der Justizminister veranlasst direkt die Auslieferung – ohne Einschalten der Gerichte. Nach Bewilligung einer Auslieferung sind die liechtensteinischen Behörden gesetzlich dazu verpflichtet, die Auslieferung so schnell wie möglich zu vollziehen.
Auslieferung aus Liechtenstein bei fiskalischen Delikten
Liechtenstein ist zwar Vertragspartei des EuAlÜbk, des EuRhÜbk sowie des EuGeldwäscheÜbk, liefert allerdings bei der Verfolgung von Fiskaldelikten noch immer nicht grundsätzlich an europäische Staaten wie Deutschland aus. Da Art. 2 EuAlÜbk aufgrund von Art. 5 EuAlÜbk im Falle von Fiskaldelikten eine Ausnahme von der grundsätzlichen Auslieferungsverpflichtung zulässt und Liechtenstein weder das zweite Zusatzprotokoll ratifiziert hat noch Art. 50 SDÜ Anwendung findet, ist Liechtenstein in diesen Fällen nicht zur Rechtshilfe verpflichtet. Nach dem RHG, das in Liechtenstein seit dem 15.09.2000 die gesetzliche Grundlage der Rechtshilfe darstellt, war Rechtshilfe zur Verfolgung von Steuerstraftaten in Liechtenstein sogar zunächst einmal unzulässig. Als Mitglied des Schengen-Raums ist Liechtenstein inzwischen gemäß Art. 51 Buchst. a des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19.6.1990 im Bereich der indirekten Steuern (also in Fällen, bei denen es sich um die Hinterziehung von Zoll-, Verbrauch- und Umsatzsteuern handelt) auch dann zur Rechtshilfe verpflichtet, wenn die Tat für eine Vertragspartei zwar lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt, nach dem Recht eines anderen Vertragsstaates jedoch eine Straftat vorliegt.
Seinen Fiskalvorbehalt hob Liechtenstein im Jahr 2015 auch im Hinblick auf die kleinere Rechtshilfe auf, wonach strafbare Fiskaldelikte inzwischen auf Basis der beiderseitigen Strafbarkeit rechtshilfefähig sind. Zu beachten ist hier jedoch, dass es sich im Fall einer einfachen Steuerhinterziehung direkter Steuern nach liechtensteinischem Recht nicht um eine Straftat, sondern lediglich um eine Übertretung handelt. Dadurch kann in diesen Fällen regelmäßig davon ausgegangen werden, dass keine Rechtshilfe geleistet wird, da Liechtenstein zudem im Zuge seines Beitritts zum Schengen-Raum bezogen auf den Bereich der direkten Steuern eine Erklärung zur Ausnahme der Rechtshilfeverpflichtung abgegeben hat.
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