Eine drohende Auslieferung an einen Drittstaat kann mehr als die Freiheitsentziehung an sich bedeuten. In manchen Fällen müssen die Betroffenen auch um ihre körperliche Unversehrtheit, gar um ihr Leben selbst fürchten.
Schlun & Elseven ist eine international aktive Kanzlei, spezialisiert u. a. auf die Vertretung von Mandanten im Auslieferungsverfahren. Unsere Anwälte für Auslieferungsrecht verfügen über das nötige Fachwissen und eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Interpol und den Auslieferungsbehörden, um Sie gleichermaßen kompetent wie engagiert in dieser schwierigen Zeit vertreten zu können. Wir kümmern uns nicht nur um Mandanten, die von oder nach Deutschland ausgeliefert werden sollen. Wir sorgen auch für die Löschung von Interpol Red Notices, unabhängig davon, von welchem Land sie initiiert wurden.
Zwischen Ägypten und Deutschland können Auslieferungen auf vertragloser Grundlage nach den Voraussetzungen der jeweiligen allgemeinen Gesetze vollzogen werden. In Deutschland richten sich vertraglose Auslieferungen nach dem IRG, dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
Seit 2003 wurde in Deutschland über insgesamt zwölf Auslieferungsersuchen aus Ägypten entschieden. Davon wurden vier abgelehnt, acht wurden auf andere Weise beendet. Bewilligt worden ist keines.
Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an Ägypten
Deutsche Staatsangehörige sind über die Verfassung vor Auslieferungen an sogenannte Drittstaaten geschützt, vgl. Art. 16 II GG. Als Drittstaaten gelten solche Länder, die nicht der Europäischen Union angehören.
Auslieferung nichtdeutscher EU-Bürger an Ägypten
Auslieferungen von EU-Bürgern sind möglich und verstoßen laut EuGH insbesondere nicht gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot, Art. 18 AEUV oder die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU, Art. 21 AEUV. Der Mitgliedstaat, dem der Betroffene angehört, hat jedoch ein vorrangiges Recht auf Überstellung und ist deswegen vor einer Auslieferung zu informieren.
Auslieferungsvoraussetzungen nach dem IRG
Jeder Ausländer, der im Ausland eine mit Strafe bedrohte Tat begangen hat, kann grundsätzlich ausgeliefert werden, vgl. § 2 III IRG.
Die in Rede stehende Tat muss sowohl im ersuchenden als auch im ersuchten Staat eine Straftat darstellen. In Deutschland müsste die Tat im Höchstmaß mit mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht sein, § 2 IRG.
Politische oder persönliche Motive sowie militärische Pflichtverletzungen stellen keine zulässigen Auslieferungsgründe dar, §§ 6, 7 IRG. Auch ein begründeter Verdacht, dass der Betroffene aufgrund von persönlichen Merkmalen in dem ersuchenden Staat eine nachteilige Behandlung erfahren wird, führt zur Unzulässigkeit der Auslieferung, § 6 II IRG.
Gemäß des Spezialitätsprinzips in § 11 IRG wird der Betroffene nicht ausgeliefert, wenn er auch wegen anderer Taten, die er vor Überstellung begangen hat, bestraft werden soll.
Eine Weiterlieferung, Überstellung oder Abschiebung an einen dritten Staat bedarf stets der Zustimmung des ersuchten Staates, § 11 IRG.
Mögliche Probleme einer Auslieferung an Ägypten
Todesstrafe
Gemäß § 8 IRG finden Auslieferungen nicht statt, wenn der Betroffene im ersuchenden Staat zum Tode verurteilt werden soll. Sichert der ersuchende Staat jedoch zu, die Todesstrafe zumindest nicht zu vollziehen, kann einer Auslieferung zugestimmt werden. Dass die in Rede stehende Tat mit dem Tode bestraft wird, verhindert demnach nicht die Auslieferung.
In Ägypten wird nach wie vor die Todesstrafe verhängt und auch aktiv vollzogen. Berichten von Amnesty International zufolge wurden allein im Jahr 2021 83 Menschen hingerichtet. Es gibt außerdem Berichte von Massenhinrichtungen nach Verfahren, die rechtsstaatlichen Grundzügen nicht genügen.
Menschen- und Bürgerrechte
Drohen dem Betroffenen Folter bzw. unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen im ersuchenden Staat, so ist eine Auslieferung unzulässig, vgl. Art. 3 EMRK.
Human Rights Watch spricht in seinem Jahresbericht 2021 von einer „human rights crisis“, also von einer Menschenrechtskrise in Ägypten. Die Lage der Menschenrechte sei besorgniserregend, so das Auswärtige Amt.
Folter und Misshandlungen seitens der Staatsbediensteten wurden nicht untersucht oder gar bestraft. In Gefängnissen soll es wiederholt zu sexuellen Übergriffen gekommen sein. Schläge, Elektroschocks und unbefristete Einzelhaft sind keine Ausnahme. Die Haftbedingungen sind im internationalen Vergleich allgemein sehr schlecht.
Von Rechtsstaatlichkeit ist in Ägypten ebenfalls keine Rede. Jahrelange Untersuchungshaft und auch Urteile, gegen die keine Rechtmittel eingelegt werden können, sind an der Tagesordnung.
Das Auswärtige Amt erklärt sowohl Presse- als auch Versammlungs- und Meinungsfreiheit seit 2004 für zunehmend eingeschränkt. Seit 2021 ist die Notstandsgesetzgebung in der regulären Gesetzgebung enthalten und ermächtigt den ägyptischen Staat zu weitreichenden Einschränkungen der Bürgerrechte.
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