Eine Auslieferung an einen Drittstaat birgt für die Betroffenen nicht immer nur die Gefahr der Freiheitsentziehung. In manchen Fällen müssen sie auch um ihre körperliche Unversehrtheit, gar um ihr Leben selbst fürchten. Daher stellt ein Auslieferungsverfahren für die Betroffenen in der Regel nicht nur eine emotionale Belastung, sondern auch eine erhebliche juristische Herausforderung dar.
Schlun & Elseven ist eine international aktive Kanzlei, spezialisiert u. a. auf die Vertretung von Mandanten im Auslieferungsverfahren. Unsere Anwälte für Auslieferungsrecht verfügen über das nötige Fachwissen und eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Interpol und den Auslieferungsbehörden, um Sie gleichermaßen kompetent wie engagiert in dieser schwierigen Zeit vertreten zu können. Wir kümmern uns nicht nur um Mandanten, die von oder nach Deutschland ausgeliefert werden sollen. Wir sorgen auch für die Löschung von Interpol Red Notices, unabhängig davon, von welchem Land sie initiiert wurden.
Auslieferungen zwischen den beiden Staaten können vertraglos auf Grundlage der jeweiligen allgemeinen Gesetze erfolgen. In Deutschland richten sich die Auslieferungsvoraussetzungen insbesondere nach dem IRG, dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
2021 entschied Deutschland über fünf Auslieferungsersuchen aus Belarus. Keines wurde bewilligt. Andersherum wurde in Belarus 2021 über ein Ersuchen aus Deutschland entschieden, dieses wurde bewilligt.
Auslieferung deutscher Staatsangehöriger an Belarus
Gemäß Art. 16 II GG können deutsche Staatsangehörige nur an andere EU-Staaten oder internationale Gerichtshöfe ausgeliefert werden. Da Belarus kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, werden Deutsche nicht ausgeliefert.
Auslieferung nichtdeutscher EU-Bürger an Belarus
EU-Bürger, die sich in Deutschland befinden, können grundsätzlich ausgeliefert werden. Die dabei vorgenommene Unterscheidung zwischen deutschen und nichtdeutschen EU-Bürgern verstößt laut EuGH nicht gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot oder die Personenfreizügigkeit, gem. Art. 18 AEUV, Art. 21 AEUV.
Auslieferungsvoraussetzungen nach dem IRG
Nimmt ein Ausländer im Ausland eine strafbare Handlung vor, kann er grundsätzlich ausgeliefert werden, vgl. § 2 III IRG. Die vorgenommene Handlung muss auch in Deutschland strafbar sein und dort im Höchstmaß mit mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht sein, § 3 IRG. Ein Auslieferungsersuchen muss abgelehnt werden, wenn politische oder persönliche Motive in das Ersuchen einfließen, § 6 IRG. Bei militärischen Pflichtverstößen findet eine Auslieferung ebenfalls nicht statt, § 7 IRG. Überstellungen, Weiterlieferungen und Abschiebungen des Betroffenen an dritte Staaten bedürfen stets der Zustimmung Deutschlands, § 11 IRG.
Mögliche Probleme einer Auslieferung an Belarus
Todesstrafe
Nach § 8 IRG darf nicht ausgeliefert werden, wenn den Betroffenen im ersuchenden Staat die Todesstrafe erwartet. Es kann jedoch zugesichert werden, dass die Todesstrafe nicht vollzogen wird. Nach einer solchen Zusicherung darf eine Auslieferung erfolgen. Demnach darf ausgeliefert werden, wenn nach den Gesetzen des ersuchenden Staates die Todesstrafe zu verhängen ist, diese darf nur nicht vollzogen werden.
Belarus verhängt die Todesstrafe für „schwere Verbrechen“ wie beispielsweise Terrorismus, Hochverrat oder Mord an Polizisten. Im Jahr 2021 wurde in einem Fall die Todesstrafe verhängt und auch vollzogen.
Menschen- und Bürgerrechte
Es darf nach Art. 3 EMRK niemand der Folter oder anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen unterworfen werden. Sind solche Behandlungen nach der Auslieferung zu erwarten, darf also nicht ausgeliefert werden.
Amnesty International berichtet, dass Folter und andere Misshandlungen üblich seien und solche Handlungen auch straffrei bleiben. Die Strafverfahren sind nicht nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichtet. Vielmehr werden sie seitens der Regierung instrumentalisiert, um Kritiker zu beseitigen und zu bestrafen. Laut Auswärtigem Amt erfolgt seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl von Lukaschenko eine „massive Verschlechterung der Menschenrechtslage.“ Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit sind stark eingeschränkt. 2021 blockierten die Behörden mehrere Hundert Webseiten, Demonstrationen wurden gewaltsam aufgelöst.
Deutsche Rechtsprechung zu Auslieferungen an Belarus
2019 untersagte das Bundesverfassungsgericht, eine Auslieferung an Weißrussland (Belarus) bis zur endgültigen Entscheidung über die vom Betroffenen eingelegte Verfassungsbeschwerde. Zuvor hatte das OLG Frankfurt dieser Auslieferung zugestimmt, insbesondere weil Belarus zugesichert hatte, dass der Betroffene im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nach europäischen Standards untergebracht werde. In der Verfassungsbeschwerde wird insbesondere bezweifelt, ob die Haftbedingungen tatsächlich dem Art. 3 EMRK entsprechen würden, z.B. weil die Zelle die vorgegebene Mindestgröße unterschreiten würde.
Das OLG Zweibrücken entschied 2008, dass „wegen der fortbestehenden Missstände in der Republik Belarus in Bezug auf die Fairness von Strafverfahren und die menschenrechtskonforme Behandlung von Gefangenen“ nicht ausgeliefert werden kann.
2011 erklärte das OLG Rostock eine Auslieferung an Belarus im Fall einer Vergewaltigung für zulässig. Die Entscheidung erging nach der Zusicherung, dass die Todesstrafe nicht verhängt würde und dass der Betroffene in einer Haftanstalt untergebracht würde, die den Anforderungen der EMRK entspräche.
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