Eine drohende Auslieferung an einen Drittstaat kann mehr als die Freiheitsentziehung an sich bedeuten. In manchen Fällen müssen die Betroffenen auch um ihre körperliche Unversehrtheit, gar um ihr Leben selbst fürchten.
Schlun & Elseven ist eine international aktive Kanzlei, spezialisiert u. a. auf die Vertretung von Mandanten im Auslieferungsverfahren. Unsere Anwälte für Auslieferungsrecht verfügen über das nötige Fachwissen und eine jahrelange Erfahrung im Umgang mit Interpol und den Auslieferungsbehörden, um Sie gleichermaßen kompetent wie engagiert in dieser schwierigen Zeit vertreten zu können. Sie betreuen nicht nur Mandanten, die von oder nach Deutschland ausgeliefert werden sollen, sondern übernehmen auch die Verteidigung bei sämtlichen Interpolverfahren, mit dem Ziel, die Löschung von Interpol Red Notices zu erwirken. Ohne ein deutsch-chinesisches Auslieferungsabkommen können Auslieferungen auf Grundlage der allgemeinen Gesetze erfolgen. In Deutschland richten sich die Auslieferungsvoraussetzungen insbesondere nach dem IRG, dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
Auslieferungen zwischen Deutschland und China kommen selten vor. 2015 hat China zuletzt ein Auslieferungsersuchen an Deutschland gestellt, welches schließlich bewilligt wurde. 2019 genehmigte China eine Auslieferung nach Deutschland.
Auslieferung deutscher Staatsangehöriger
Deutsche Staatsangehörige sind durch das Grundgesetz vor Auslieferungen geschützt. Art. 16 II GG sieht nur ausnahmsweise Auslieferungen an andere EU-Staaten oder internationale Gerichtshöfe vor. China ist kein Mitgliedsstaat der EU, sodass Auslieferungen deutscher Staatsangehöriger nicht in Betracht kommen.
Auslieferung nichtdeutscher EU-Bürger
Im Gegensatz zu deutschen Staatsangehörigen können nichtdeutsche EU-Bürger grundsätzlich ausgeliefert werden. Auch das allgemeine Diskriminierungsverbot oder die Personenfreizügigkeit nach Art. 18 AEUV, Art. 21 AEUV stehen einer solchen unterschiedlichen Behandlung laut EuGH nicht entgegen.
Auslieferungsvoraussetzungen nach dem IRG
Nach den Voraussetzungen des IRG kann grundsätzlich jeder Ausländer, der im Ausland eine Straftat begangen hat, ausgeliefert werden, vgl. § 2 III IRG. Die begangene Tat muss auch nach deutschem Recht strafbar und im Höchstmaß mit mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe bedroht sein, gem. § 3 IRG. Ein Auslieferungsersuchen muss abgelehnt werden, wenn politische oder persönliche Motive in das Ersuchen einfließen, gem. § 6 IRG. Bei militärischen Pflichtverstößen findet eine Auslieferung ebenfalls nicht statt, gem. § 7 IRG. Überstellungen, Weiterlieferungen und Abschiebungen des Betroffenen an dritte Staaten bedürfen stets der Zustimmung Deutschlands, gem. § 11 IRG.
Mögliche Auslieferungshindernisse
Todesstrafe
Die Verhängung der Todesstrafe ist nach § 8 IRG ein eindeutiges Auslieferungshindernis. Zwar kann der ersuchende Staat zusichern eine solche nicht zu verhängen, sodass eine Auslieferung vorgenommen werden darf. In Bezug auf China sollte eine solche Zusicherung jedoch nicht zur Bewilligung der Auslieferung führen. China hält geheim, wie viele Todesstrafen vollstreckt werden. Durch diese Geheimhaltung ist es einerseits nicht möglich, festzustellen, wie viele Menschen bereits hingerichtet wurden, andererseits kann im Falle einer Auslieferung so nicht ausgeschlossen werden, dass die Todesstrafe nicht im Geheimen vollzogen würde. Somit ist bei jeglichen Straftaten, für die die Todesstrafe nach chinesischem Recht vorgesehen ist, davon auszugehen, dass eine Auslieferung abgewiesen wird.
Menschen- und Bürgerrechte
Niemand darf der Folter oder anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen unterworfen werden, vgl. Art. 3 EMRK. Sind solche Behandlungen im ersuchenden Land zu erwarten, ist eine Auslieferung zu verweigern.
China ist bekannt für gravierende und systematische Menschenrechtsverletzungen. Zusätzlich zu den bekannten Menschenrechtsverstößen ist zu beachten, dass die chinesischen Behörden in vielen Fällen keine Informationen herausgeben. Somit ist die genaue Menschenrechtssituation schwer zu beurteilen.
Die Bundeszentrale für politische Bildung spricht von einem schlechten Stand der Menschenrechte in China. Es gibt Berichte von systematischer Folter, dabei reichen die Misshandlungen von Schlägen über Verbrennungen bis hin zu sexualisierter Gewalt.
Viele Verfahren vor chinesischen Gerichten werden ohne Rechtsbeistand geführt und Anwälte, die sich für Menschenrechtsaktivisten einsetzen, werden selbst vor Gericht gestellt. Gemäß Art. 6 EMRK hat jede Person ein Recht auf ein faires Verfahren. Somit können auch Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip einer Auslieferung im Wege stehen.
Bürgerrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, wird stark beschränkt. Spätestens seit der Einführung des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Informationen ist das Internet nur eingeschränkt zugänglich.
Weiterhin steht China seit 2022 wegen massenhaften DNA-Sammelns in Kritik. Offiziellen Berichten möchte China damit lediglich eine Datenbank für die Kriminalitätsbekämpfung anlegen. Unabhängig von dem verfolgten Zweck greift die Speicherung der DNA-Profile der chinesischen Bürger massiv in deren Persönlichkeitsrechte ein.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Am 06.10.2022 urteilte der EGMR, dass eine Auslieferung an China nicht vorzunehmen sei. Der Betroffene brachte vor im Falle einer Auslieferung nach China unter anderem in seinem Recht aus Art. 3 EMRK verletzt zu sein, indem ihn dort massive Misshandlungen erwarten würden.
In dem ergangenen Urteil zitiert der EGMR einige Passagen des UN-Ausschusses gegen Folter, die darlegen, dass Folter und andere Misshandlungen im chinesischen Strafsystem gängige Praxis seien. Auch negative Berichte des US-Außenministeriums, Ausführungen von Amnesty International, Human Rights Watch und Freedom House werden zitiert.
Der EGMR kam zu der Schlussfolgerung, dass das Ausmaß an Folter und anderen Misshandlungen dem Vorliegen einer allgemeinen Gewaltsituation gleichgestellt werden könne. Von daher stelle die Auslieferung nach China einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK dar.
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